Erstveröffentlichung im Makronom
Die Bundestagswahl 2021 wird die Weichen für ein energiepolitisch entscheidendes Zeitfenster stellen – und sollte daher zur Klimawahl werden. Allerdings befindet sich die Politik in einer Ambitions- und Umsetzungskrise, die es dringend zu überwinden gilt. Ein Beitrag von Franziska M. Hoffart und Claudia Kemfert.
Was folgt aus der Klimakrise für unsere Wirtschaft(sweisen) und das Denken darüber? Im Angesicht der Fridays-for-Future-Proteste hat sich aus dem Netzwerk Plurale Ökonomik eine neue Initiative herausgebildet: Economists for Future. Mit der gleichnamigen Debattenreihe werden zentrale Fragen einer zukunftsfähigen Wirtschaft in den Fokus gerückt. Im Zentrum stehen nicht nur kritische Auseinandersetzungen mit dem Status Quo der Wirtschaftswissenschaften, sondern auch mögliche Wege und angemessene Antworten auf die dringlichen Herausforderungen und Notwendigkeiten. Dabei werden verschiedene Orientierungspunkte für einen tiefgreifenden Strukturwandel diskutiert.
Zu kaum einem Thema besteht ein so großer wissenschaftlicher Konsens wie zur anthropogenen Klimakrise. Die Wissenschaft hält die nächsten fünf Jahre für entscheidend, damit sich das Möglichkeitsfenster zur Erreichung des 1,5°C-Ziels nicht schließt. Dies verlangt eine stärkere Emissionsreduktion als je zuvor.
Die Bundestagswahl 2021 ist daher wegweisend für die Klimapolitik, da die nächste Bundesregierung die Weichen für dieses entscheidende Zeitfenster stellt. Die Bundestagswahl sollte daher zur Klimawahl werden, wie von vielen Seiten gefordert wird.
Aus diesem Anlass resümieren wir, dass die deutsche Klima- und Energiepolitik vor der Bundestagswahl in einer zweifachen Krise steckt, auf die wir im Folgenden eingehen. Wir werfen einen kritischen Blick auf Denkmuster, die die Energiewende ausbremsen, und leiten Impulse für einen Weg aus dieser zweifachen Krise hin zu einer ambitionierten Energiepolitik ab.
Es mangelt nicht an Erkenntnissen und Lösungsvorschlägen, wohl aber an Ambitionen und ihrer Umsetzung. Im Umweltgutachten 2020 stellt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) fest:
„Die Appelle der Wissenschaft […] drohen zu einem bedrückenden Ritual zu werden. Es mangelt nicht mehr an Erkenntnissen über die dramatischen Folgen aktueller und drohender Umweltveränderungen. Auch die Technologien für eine Wende hin zu zukunftsfähigem Wirtschaften, nachhaltiger Mobilität oder umweltverträglicher Energieerzeugung sind vorhanden“. (S. 29)
Die bisherige Klimapolitik ist unzureichend und steht laut SRU vor einer dreifachen Herausforderung: (1) fehlende Transparenz über das verbleibende Treibhausgasbudget, das der deutschen Klimapolitik zu Grunde liegen sollte; (2) die nationalen Klimaziele sind kein ausreichender Beitrag zum globalen Klimaschutz, was die Ambitionslücke offenlegt; (3) es besteht eine Umsetzungslücke, für die die Klimazielerreichung beispielhaft ist.
Dass Deutschland seine Klimaziele für 2020 erreicht und seine Emissionen um 8,7% gegenüber dem Vorjahr sowie um 40,8% gegenüber 1990 reduziert hat, ist nur auf den ersten Blick eine positive Nachricht. Ohne die (Mobilitäts-)Einschränkungen der Covid-19-Krise wäre diese Reduktion kaum möglich gewesen. Deutschlands Klimaziele sind bei Berücksichtigung des aus dem Pariser Abkommen folgenden deutschen CO2-Budgets nicht 1,5°C kompatibel. Trotz kurzfristiger Änderungen am Klimagesetz und verschärfter Klimaziele ist die Ausbaugeschwindigkeit der Erneuerbaren Energien noch immer nicht ausreichend.
Die Umsetzungs- und Ambitionskrise betrifft daher ebenfalls die Energiepolitik. Deutschland steht kurz vor der Vollendung des Atomausstiegs. Atomenergie war und ist enorm teuer, ineffizient, unflexibel, risiko- und konfliktbehaftet, auch aufgrund der Gefahr der militärischen Nutzung von Atomwaffen. Zudem wurde die Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 beschlossen. Zur Erreichung der Klimaziele müssen die Treibhausgasemissionen jedoch deutlich schneller sinken. Der Kohleausstieg muss bis 2030 abgeschlossen sein und spätestens 2038 sollte kein fossiles Erdgas mehr im Einsatz sein. Deutschland benötigt daher keine weitere Erdgasinfrastruktur – weder die Nord Stream 2-Pipeline, noch neue LNG-Terminals.
Ohne eine faktenbasierte und umfassende Transformation in allen Bereichen wird sich das 1,5°C-Möglichkeitsfenster bald schließen
Das Land befindet sich im Umbau hin zu einer Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien mit derzeit knapp 50% Anteil bei der Stromerzeugung. Dies ist gelungen, da Deutschland vor 20 Jahren begonnen hat, die Erneuerbaren Energien zu fördern. Heute sind Erneuerbare Energien kostengünstig, wettbewerbsfähig, überall einsatzfähig, risikoarm und nicht militärisch nutzbar. Anders gesagt: Erneuerbare Energien sind eine Friedenstechnologie und machen resilienter gegen unwägbare externe Schocks und geopolitische Ereignisse.
Deutschland befindet sich allerdings erst am Anfang einer Energiesystemwende, die für das Gelingen der Energiewende unabdingbar ist. Jegliche fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas werden vollständig durch Erneuerbare Energien ersetzt werden müssen. Hierfür muss das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien vervielfacht werden und Energie wo möglich eingespart werden. Die Sektorenkopplung muss gefördert werden, damit Ökostrom überall wo möglich zum Einsatz kommen kann. Elektromobilität auf Straße und Schiene kann besonders durch eine Stärkung der Infrastruktur, aber auch durch die Einführung einer Elektro-Quote für Neuwagen gefördert werden. Die Industrie muss dekarbonisiert werden. Gebäude müssen saniert und auf Ökostrom umgestellt werden. Hierfür sind eine Anpassung der Rahmenbedingungen und eine zeitnahe Abschaffung der umweltschädlichen Subventionierung konventioneller Energien nötig.
Es wird deutlich: Wir haben kein Erkenntnisproblem. Stattdessen befindet sich die deutsche Klima- und Energiepolitik vor der Bundestagswahl in einer Ambitions– und Umsetzungskrise. Ohne eine faktenbasierte und umfassende Transformation in allen Bereichen wird sich das 1,5°C-Möglichkeitsfenster bald schließen.
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Die Bundestagswahl ist eine Chance, diese zweifache Krise zu überwinden. Was zu tun ist, zeigt die historische Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes klar auf: Die Politik muss schnell handeln. Um die Ambitionskrise aufzulösen, müssen die Klimaziele nachgeschärft und am verbleibenden Emissionsbudget ausgerichtet werden. Es werden Strategien für eine konkrete Umsetzung verlangt, die einen angemessenen Beitrag zum Klimaschutz liefern. Das wäre ein erster Schritt aus der Umsetzungskrise.
Die gute Nachricht ist: Wissenschaftler*innen haben eine Vielzahl von Lösungsvorschlägen für den Energiesektor skizziert und die Notwendigkeit einer Energiesystemtransformation herausgestellt. Die entscheidende Frage ist daher nicht, was zu tun ist, sondern wie die Politik in ein Handeln kommt. Ein kritischer Blick auf die nachfolgenden Denkweisen, die die Energiewende bislang ausbremsen, kann Impulse für eine Neuorientierung geben und aus der zweifachen Krise heraushelfen.
Einige Länder, inklusive Deutschland, haben sich Klimaneutralität als oberstes Klimaziel gesetzt. Aus dem kürzlich verschärften Klimaschutzgesetz der Bundesregierung geht hervor, dass Deutschland bis 2045 und nicht wie ursprünglich geplant bis 2050 klimaneutral werden soll. Das Minderungsziel für 2030 wird um 10% auf nun 65% gegenüber 1990 angehoben und für einzelne Sektoren spezifiziert. Für den Energiesektor ist bis 2030 eine Reduktion um 62% gegenüber 1990 vorgesehen. Die Verschärfung der Ziele ist somit ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zum 1,5°C-Ziel.
Klimaneutralität hat sich zu einem Buzzword entwickelt, das intransparent, irreführend und kaum aussagekräftig ist
Die Ambitionskrise ist damit aber noch nicht überwunden. Dies wird deutlich, wenn man vom Ende her denkt: Null Emissionen müssten das Ziel sein, was zwangsläufig das Ende der fossilen Ära bedeutet. Klimaneutralität erlaubt, die negative Klimawirkung durch Kompensationsmaßnahmen wie etwa Aufforstungsprojekte zu „neutralisieren“. Fakt ist jedoch, dass unter dem Deckmantel der Klimaneutralität die Emissionen nicht sinken, sondern weltweit weiter steigen. Dieser problematische Emissionsanstieg ist möglich, da der Begriff Klimaneutralität seit seiner Entstehung vor über 15 Jahren nicht korrekt definiert wird. Es entstanden irreführende Begriffe wie Clean Diesel, Clean Coal oder klimaneutrales Premium Heizöl. Unternehmen wird ein Weiter-so erlaubt, sodass weder Emissionen hinreichend reduziert, noch die Geschäftsstrategien geändert werden. Klimaneutralität hat sich damit zu einem Buzzword entwickelt, das intransparent, irreführend und kaum aussagekräftig ist. Anstatt das fossile Zeitalter zu beenden und Emissionen zu senken, wird Neutralität postuliert. CO2 wird jedoch nicht vermieden, sondern lediglich gespeichert, und damit das Problem auf die Zukunft vertagt. Das ist teuer und nicht klimagerecht.
Mit Blick auf das verbleibende Emissionsbudget wird deutlich, dass keine Zeit für solche Zwischenlösungen bleibt. Die Möglichkeit der Kompensation ist zwar begrenzt gegeben, jedoch ausschließlich in schwer dekarbonisierbaren Sektoren wie etwa der Landwirtschaft oder der Chemie zu rechtfertigen. Die Emissionen müssen jedoch sinken. Dies ist mit Neutralisierung nicht möglich.
Die Idee, dass fossile Energieträger den Weg in eine fossilfreie Zukunft bereiten und den Zeitraum bis dahin überbrücken könnten, existiert seit den 70er Jahren. So wurden in der Vergangenheit bereits viele Energieträger wie Atomenergie oder Braunkohle inkorrekt als „Brückentechnologien“ betitelt – und so die Umsetzung der Energiewende ausgebremst.
Hermwill (2016) beschreibt Narrative als „simple stories that describe a problem, lay out its consequences and suggest (simple) solutions“, deren Erfolg weniger von der Faktenlage als von der Überzeugungskraft gegenüber der Zielgruppe abhängt. Das Brückennarrativ soll suggerieren, dass die Übergangstechnologie einerseits Vorteile gegenüber anderen fossilen Technologien hätte und andererseits Erneuerbare Energien technologisch keine ausreichende Energiesicherheit gewährleisten könnten, was faktisch nicht stimmt. Die Brückenmetapher lässt unbeantwortet, wie das zu erreichende Ufer aussieht, wann es erreicht ist und wie viel fossile Energie für die Überquerung nötig ist. Das Ende der Brücke kann so unendlich verlängert werden. Das Argumentationsmuster ist oft gleich: Zuerst wird auf den enormen Bedarf hingewiesen, der, wenn nicht gestillt, zu Versorgungslücken, Stromausfällen und explodierenden Strompreisen führe sowie die Energiesicherheit gefährde. Eine oft einseitige Kostenrechnung folgt, um die vermeintlichen ökonomischen Vorteile zu betonen.
Der Nettonutzen der Energiewende ist deutlicher größer als die Nettokosten – die Energiewende spart Geld
Jedoch ist das Brückennarrativ, wie der aktuelle Diskurs um neue Erdgasprojekte wie Nord Stream 2 zeigt, irreführend und klimapolitisch problematisch. Zunehmend werden Zweifel an der Brückentechnologie Erdgas im Sinne einer „Bridge to nowhere“ laut. In einem Diskussionspapier haben die Scientists4Future kürzlich herausgearbeitet: Erdgas ist keine Brückentechnologie, sondern ein Risiko für die Energiewende. Während Erdgaskraftwerke weniger emittieren als Kohlekraftwerke, schwindet der Unterschied, sobald indirekte Emissionen des gesamten Lebenszyklus betrachtet werden. US-Forscher gehen im Gassektor von 50-60% mehr Emissionen aus, als bisher angenommen wurde. Zudem wird von einer globalen durchschnittlichen Methan-Leakagerate von 2,2% ausgegangen, die regional bei Superleaks sogar bis zu 17% beträgt. Aktuelle Untersuchungen identifizieren dabei zusätzlich eine deutlich stärkere Klimawirkung von Methan als bisher bekannt.
Aus energiewirtschaftlicher Sicht weisen Studien zu Energieszenarien überdies auf einen starken zukünftigen Rückgang der Gasverbräuche im Falle der Berücksichtigung von Klimazielen hin. Dies impliziert, dass die deutsche Gasinfrastruktur für eine sichere Gasversorgung ausreicht, keine Deckungslücke besteht und ein zusätzlicher Ausbau nicht nötig ist. Hinzu kommt, dass – wie wir weiter unten noch ausführen werden – Investitionen in Erdgas ökonomisch hoch riskant sind und zugleich Kapital binden, das nicht für Investitionen in Erneuerbare Energien verfügbar wäre. Dies führt zu einem technischen, physischen und psychologischem Lock-In in fossiler Energie und zu einer Vergrößerung des Green-Finance-Gap, was eine Energiewende hin zu mehr Erneuerbaren Energien ausbremst.
Es ist also Zeit für ein neues Narrativ der Zukunftstechnologien, das Erneuerbare Energie und grünen Wasserstoff ins energiepolitische Zentrum stellt und transformationsfördernde Investitionen anstößt. Allerdings ist die Berichterstattung zu ökonomischen Aspekten der Energiewende in eine zweifache Schieflage geraten. Auf der einen Seite werden die Kosten der Energiewende unverhältnismäßig betont und mit unrealistischen Hochrechnungen dargestellt. Auf der anderen Seite werden die Erträge der Energiewende sowie Risiken fossiler Energien größtenteils ausgeblendet. Diese argumentative Schieflage führt zu einer einseitigen Darstellung, die das Umsetzungs- und Ambitionsdefizit befeuert und dem wissenschaftlichen Konsens widerspricht, der da lautet: Eine schnelle Dekarbonisierung des Energiesystems ist ökonomisch günstiger als ein später Umstieg. Der Nettonutzen der Energiewende ist deutlicher größer als die Nettokosten. Anders ausgedrückt: Die Energiewende spart Geld.
Den Nutzen der Energiewende zu berücksichtigen, ist nicht nur nötig, um informierte politische Entscheidungen anzustoßen, sondern gute wissenschaftliche Praxis. Eine wissenschaftliche Studie beleuchtet im Sinne einer ausgewogenen Kosten-Nutzen-Rechnung stets beide Seiten. Für die Berechnung der Nettokosten werden die Stromgestehungskosten von erneuerbarer und konventioneller Energie verglichen. Dafür wird die Summe aller Kosten der Gesamtlaufzeit durch den Stromertrag im selben Zeitraum dividiert. Zum Nettonutzen zählen auch jene Einnahmen der Energiewende, die in den Medien kaum Erwähnung finden. Der Blick auf die Gesamtlaufzeit verdeutlicht die enormen Nebenkosten konventioneller Energie, die größtenteils aus Umwelt- und Klimaschäden bestehen, häufig unterschätzt werden und mit der (Nutzungs-)Zeit stark zunehmen. Der ökonomische Hauptnutzen der Energiewende entsteht folglich durch die Vermeidung dieser Nebenkosten.
Es braucht einen (Klima-)Wahlkampf, bei dem Herausforderungen und klimagerechte Lösungen weniger polemisch, sondern im Sinne einer Debatte um die besten Ideen diskutiert werden
Fossile Energien verursachen hingegen nicht nur zu hohe Kosten, sondern bergen auch enorme und unterschätzte Risiken. Das Stranden von fossilen Vermögensgegenständen wie der Energieinfrastruktur zählt zu den sogenannten Nachhaltigkeitsrisiken. Genauer wird hier von klimabedingten Risiken gesprochen, welche eine zentrale Herausforderung der Energiesystemtransformation darstellen. Klimabedingte Risiken entstehen durch physische Folgen des Klimawandels, wie z. B. Extremwetterereignisse (physische Risiken), oder durch die Umstellung auf eine emissionsarme Wirtschaft, wie z.B. durch Klimapolitik (transitorische Risiken): Vermögensgegenstände stranden durch unerwartete oder vorzeitige Abschreibungen, Abwertung oder Umwandelung in Verbindlichkeiten.
Trotz Warnungen aus Finanzwirtschaft, Wissenschaft und Politik finden Nachhaltigkeitsrisiken und klimabedingtes Stranden im Energiesektor kaum Beachtung. Dies ist problematisch, da Klimarisiken zukünftig zunehmen werden und laut des Global Risk Reports des World Economic Forum zu den Top 3 der weltweiten Risiken des nächsten Jahrzehnts zählen. Wie hoch die Verluste durch gestrandete Energieassets sein werden, ist nicht zuletzt wegen noch junger Berechnungsansätze unklar. Klar ist jedoch, dass die Weiternutzung von fossiler Energie nicht kompatibel mit dem 1,5°C-Ziel ist und viele Infrastruktur-Projekte vor dem geplanten Laufzeitende eingestellt werden müssen. Investitionen in die fossile Energieversorgung sind daher ökonomisch hoch riskant. Die Verluste von fossilen Assets werden global auf 1 bis 4 Billionen US-Dollar geschätzt und betreffen hauptsächlich die 20 größten Öl- und Gasunternehmen. Gas- und Ölprojekte im Wert von 2,3 Billionen US-Dollar sind nicht 1,5°C kompatibel. Die IEA schätzt, dass bis 2030 bis zu 90 Milliarden US-Dollar, und bis 2040 bis zu 400 Milliarden US-Dollar Kohle- und Gaskapazitäten stranden könnten.
Deutschland hat noch einen langen Weg vor sich. Einige Kilometer des Marathons sind geschafft. Nur mit Weitsicht, Zielstrebigkeit und Ausdauer kann die Energiesystemwende wirklich gelingen. Es gilt, die Ambitions- und Umsetzungslücke schnellstmöglich zu schließen. Dafür braucht es einen (Klima-)Wahlkampf, bei dem Herausforderungen und klimagerechte Lösungen weniger polemisch, sondern im Sinne einer Debatte um die besten Ideen diskutiert werden. Neue Betrachtungsweisen und Narrative, die die Energiesystemwende vom Ende her denken und als politisches Gemeinschaftsprojekt verstehen, sind nötig.
Zu den Autorinnen:
Franziska M. Hoffart ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum und Referentin für Nachhaltigkeit der GLS Bank. Sie forscht aus einer komplexitätsökonomischen Perspektive zur sozial-ökologischen Transformation im Energiesektor, Nachhaltigkeitsrisiken im Finanzsektor, sowie der Verantwortung von Ökonom*innen in der Klimakrise.
Claudia Kemfert ist Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am DIW Berlin. Auf Twitter: @CKemfert