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Erstveröffentlichung im Makronom
Wohl nirgendwo werden soziale und ökologische Dimensionen so stark gegeneinander ausgespielt wie in der Wohnungsfrage. Ein Beitrag von Anton Brokow-Loga.
Im Angesicht der Klimakrise und der Fridays-for-Future-Proteste hat das Netzwerk Plurale Ökonomik unter #Economists4Future dazu aufgerufen, Impulse für neues ökonomisches Denken zu setzen und bislang wenig beachtete Aspekte der Klimaschutzdebatte in den Fokus zu rücken. Das Ergebnis war eine im Makronom erschienenen Debattenreihe, die hier nun zweitveröffentlicht wird.
Die letzten anderthalb Jahre boten genug Gelegenheit, die eigenen vier Wände ausgiebig kennenzulernen, schwankte doch die Corona-Politik maßgeblich zwischen #stayathome und #staythefuckathome. Verkannt wurde dabei jedoch die bittere Wahrheit, dass kaum etwas gesellschaftlich so ungleich verteilt ist wie eben jener Wohnraum, in den sich alle doch bitte gleichermaßen zurückziehen sollten. Die einen haben es warm und komfortabel, die anderen wohnen in beengten und unsicheren Verhältnissen. Dass der Wohnraum, zu dem Menschen Zugang haben, massive Auswirkungen auf ihre physische und mentale Gesundheit hat, wurde in der Pandemie deutlich wie nie: Menschen mit u.a. wenig Wohnfläche trifft das Coronavirus am stärksten.
Ebenfalls massive Auswirkungen hat die Art und Weise unseres Wohnens auf die Gesundheit unseres Planeten. Etwa 14% der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus dem Gebäudesektor (Stand 2018). Bezieht man die weiteren Emissionen der Industrie und Energiewirtschaft mit ein, die bei Herstellung und Transport von Baustoffen, für Strom und Fernwärme entstehen, liegt der Anteil mit 40% fast dreimal so hoch. Mehr noch: Zu den ökologischen Folgekosten gehören auch die weiterhin steigende Flächenversiegelung, das Schwinden von Versickerungsflächen und vieles mehr.
Die Transformation des Wohn- und Gebäudesektors hat also eine Schlüsselfunktion inne, wenn für das Einhalten des 1,5 Grad Ziels Klimaneutralität in Deutschland bis 2035 erreicht werden muss. Während die zwischen 1990 und 2014 deutlich eingesparten Treibhausgase im Gebäudesektor hoffnungsfroh stimmten, zeigt eine aktuelle Studie des Wuppertal Instituts, dass seitdem kein abnehmender Trend mehr erkennbar ist. Dies hat unter anderem auch damit zu tun, dass technische Lösungen an ihre Grenzen kommen. Es geht daher zwar weiterhin auch darum, Gebäude energetisch zu sanieren und alte Heizungen auszutauschen – doch längst müsste klar sein, dass technologische Ansätze mit politischer Handlungsbereitschaft gepaart werden müssen. Eine grundlegende Transformation des Wohnens und Bauens verlangt von uns, soziale und ökologische Probleme als miteinander verknüpft anzuerkennen und neue Ideen zu denken und umzusetzen.
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Die derzeit (wieder einmal) so präsente Wohnungsfrage zeigt uns besonders deutlich, dass wir von einer integrierten Betrachtung des Sektors weit entfernt sind. Ganz im Gegenteil: Wohl nirgendwo werden in der politischen und medialen Debatte so eindeutig soziale und ökologische Dimensionen gegeneinander ausgespielt wie in der Wohnungsfrage.
Zum einen zeigt das Phänomen der Green Gentrification in Innenstadtlagen, dass ökologische Aufwertung und Verdrängung Hand in Hand gehen können. Selbstverständlich scheint die Verbesserung von Lebensräumen in Innenstadtlagen durch Begrünungsprojekte und energetische Sanierungen aus (mikro-)klimatischer Sicht durchaus geboten. Die dadurch in Gang gesetzte Aufwertung wird jedoch stellenweise instrumentalisiert, um noch höhere Profite zu erzeugen oder ärmere Bevölkerungsgruppen aus bestimmten Stadtvierteln gezielt auszuschließen. Das Urban Greening folgt damit mancherorts einer Effizienz- und Wachstumslogik, die soziale Ungerechtigkeit reproduziert und die Bezahlbarkeit des Wohnens und damit auch soziale Nachhaltigkeit völlig aus dem Blick verliert.
Der vermeintliche Graben zwischen Sozialpolitik und Klimapolitik wird immer dann vertieft, wenn die einzige wirklich nennenswert verfolgte Strategie gegen die Wohnungsnot in „Bauen, bauen, bauen“ gesucht wird
Zum anderen wird der vermeintliche Graben zwischen Sozialpolitik und Klimapolitik immer dann vertieft, wenn die einzige wirklich nennenswert verfolgte Strategie gegen die Wohnungsnot in „Bauen, bauen, bauen“ gesucht wird. Das vom CDU-geführten Innenministerium als Lösungsmittel beworbene Baukindergeld steht dem Ziel, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, diametral entgegen. Die landauf, landab sprießenden neuen Einfamilienhausgebiete zeugen dabei nicht nur vom Verlust wertvoller Böden, Zersiedelung und ressourcenintensivem Betonverbrauch, sondern auch von einer Vertiefung materieller Ungleichheit: Einkommensstarke Haushalte profitieren hier in besonderem Maß, zeigt eine Studie des DIW. Die Wohnungsnot maßgeblich über noch mehr Neubau lösen zu wollen – was im Übrigen schon seit der Privatisierung von Wohnungsbau und Altersvorsorge und Einführung von Bausparkassen in den 1970er Jahren versucht wurde – verschleiert die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Debatte darüber, wie ausreichend Wohnraum in der Klimakrise angemessen organisiert werden kann.
Damit rückt die Frage nach der Verteilung von Wohnraum in den Mittelpunkt. Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen neuen und alten Bundesländern wirken hierbei selbstverständlich. Doch besonders stark unterscheidet sich die Verteilung der Wohnfläche nach sozialen Kriterien: Einpersonenhaushalte belegen durchschnittlich mehr als doppelt so viel Fläche pro Person wie Haushalte mit drei und mehr Personen, Seniorenhaushalte weisen durchschnittlich mehr als doppelt so viel Fläche pro Person auf als Haushalte von Familien mit Kindern unter 18 Jahren. Auch die Frage, ob es sich bei der Wohnung um selbst genutztes Eigentum (ca. 50 m² Fläche pro Person) oder eine Mietwohnung handelt (ca. 37 m² pro Person) spielt dabei eine Rolle – mit Eigentum steigt letztlich auch der Umweltverbrauch.
Der gewaltigste Unterschied besteht jedoch hinsichtlich des Einkommens: Größere Wohnungen werden vor allem von reicheren Haushalten bewohnt, während ärmere Haushalte auf deutlich weniger Wohnfläche wohnen. Der Wohnflächenverbrauch – und damit auch der Verbrauch an Boden-, Bau- und Betriebsressourcen – ist somit ein Indikator sozialer Ungleichheit. Durch die Umwälzungen im Zuge der Pandemiebewältigung verschärfen sich insbesondere die psychologischen und sozialpolitischen Folgen dieser Ungleichheit.
Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass der individuelle Wohnflächenverbrauch aller Einkommensgruppen hierzulande seit Jahrzehnten steigt. Wir leben auf doppelt so viel Fläche pro Person wie noch in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts – Tendenz steigend. Doch dieses Wachstum ist einerseits nicht gleich verteilt, wie die oben verlinkten Statistiken untermauern. Andererseits ist der Anstieg der privaten Wohnfläche weder naturgegeben noch allein Ergebnis individueller Entscheidungen. Im Gegenteil: Von bestimmten politischen Rahmensetzungen – Stichwort Baukindergeld – wird er geradewegs befördert. Ist man an einer Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks des Wohnungssektors interessiert, so muss es darauf ankommen, diesen Rahmen grundlegend zu hinterfragen und zu verändern. Diese ökologische Motivation mit einer Zielsetzung sozialer Gerechtigkeit zu verbinden, hieße, durch entsprechende politische Gestaltungsimpulse auf eine Flächengerechtigkeit sowohl in nationaler, wie auch internationaler Perspektive hinzuwirken. Wie könnten solche Impulse konkret aussehen?
Erstens müssen wir weitestgehend aufhören zu bauen. Es braucht hierzu ein bundesweites Neubau-Moratorium für den freifinanzierten Wohnungsbau (ähnlich wie es momentan unter anderem vom Umweltverband VCD für den Bundesverkehrswegeplan gefordert wird). Dieses Moratorium, also Aufschub und Prüfung aller derzeitigen Bauvorhaben, ist nötig, da weder die Bezahlbarkeit des Wohnens noch die Klimakrise ernsthaft durch Neubau gelöst werden kann: Statt endliche Ressourcen für Renditeerwartung zu verschwenden, muss die vorhandene Substanz anders organisiert und verteilt werden. In begrenztem Maße kann Neubau, wie weiter unten skizziert, unter gewissen klima- und sozialpolitisch begründeten Voraussetzungen – sozialer Wohnungsbau statt Einfamilienhäuser, gemeinwohl- statt renditeorientiert, Innen- vor Außenentwicklung – weiterhin erfolgen. Dazu muss jedoch unter anderem der Paragraf 13b im Baugesetzbuch abgeschafft werden, mit dem momentan Flächenfraß staatlich vorangetrieben wird.
Ohnehin sind 80% der Wohngebäude in Deutschland älter als 30 Jahre: Mit einem Neubau-Moratorium rückt der notwendige sozialverträgliche Umbau des Bestands in den Mittelpunkt. Folglich müssen, zweitens, technologische Maßnahmen für Energieeffizienz immer in Verbindung mit Mieter*innenschutz verhandelt und umgesetzt werden. Energetische Sanierungen könnten beispielsweise nach dem Drittelmodell zwischen Mieter*innen, Vermieter*innen und Staat gerecht verteilt werden, wie eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung nahelegt. Dafür müsste das Mietrecht insbesondere im Paragraf 559 im Bürgerlichen Gesetzbuch hinsichtlich zielkonformer Fördermaßnahmen, Abfangen von Härtefällen und der Höhe der Modernisierungsumlage angepasst werden. Veränderungen, die besonders wichtig sind, da die jährliche Sanierungsrate auf 4% erhöht werden muss, um mit einem treibhausgasneutralen Gebäudebestand innerhalb des 1,5-Grad-Korridors zu bleiben.
Die Ideen der im Bundestag vertretenen Parteien geben wenig Grund zu der Annahme, dass die sozial-ökologische Krise im Wohnungs- und Bausektor wirklich umfassend adressiert wird
Drittens sollten Mieter*innen durch die sich abzeichnende Steigerung der CO2-Bepreisung keine zusätzliche Belastung erfahren. Allein aus dem Grund, dass sie selbst keinen Einfluss auf das Heizungssystem haben, sollte die Umlage vollständig von der Seite der Vermieter*innen getragen werden und damit entsprechende Anreize für eine ökologische Erneuerung setzen. Dass diese Kosten momentan komplett zulasten der Mieter*innen gehen, ist als großer Lobby-Erfolg der Eigentümerverbände zu werten. Entwicklungen wie diese haben das Potenzial, sowohl gleichwertige Lebensverhältnisse als auch die Akzeptanz der Energiewende in Deutschland zu untergraben.
In begrenztem Maße sollte, viertens, auch während des Moratoriums weiterhin gebaut werden – allerdings nur den in den Ballungsgebieten und nur dringend benötigter bezahlbarer Wohnraum. Momentan ist nur ein Bruchteil der jährlich fertiggestellten Wohnungen bezahlbar, der Großteil wird mit Profitabsicht gebaut. Daher muss eine (neue) Wohnungsgemeinnützigkeit eingeführt werden: Das dauerhafte Bestehen von Sozialbindungen zur langfristigen Sicherung von Sozialwohnungen sowie der Rückerwerb ausgelaufener Bindungen würde dadurch möglich. Gleichzeitig sollte die Mitbestimmung der Mieter*innen erhöht werden, um Wohnen demokratischer zu gestalten. Verschiedene Studien zeigen, dass Instrumente einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit finanzier- und umsetzbar ist.
Fünftens müssen Bauvorhaben viel stärker mit nachhaltigen Materialien wie Holz realisiert sowie in Kreisläufen organisiert werden. Eine Primärenergiesteuer auf Kies, Sand und Naturgips würde zudem dazu führen, dass Recyclingbaustoffe wettbewerbsfähig würden. Das Umweltbundesamt hat errechnet, dass damit ein erheblicher Beitrag zur Steigerung der Rohstoffproduktivität und zur Entlastung der Natur geliefert würde. Eine schnelle Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes und einer erweiterten Katasterung ist unabdingbar, damit sowohl Graue Energie (die in Gebäuden gebündelte Energie, die für Bau, Herstellung, Transport und Entsorgung benötigt wird) als auch eine Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden künftig berücksichtigt würde. Die jüngst veröffentlichten konkreten Vorschläge der Architects for Future für eine Muster(um)bauordnung zeigen, wie klimapositives Bauen ermöglicht werden kann.
Sechstens und letztens muss das Problem steigender und ungleich verteilter Wohnflächen dringend gesellschaftlich adressiert werden. Das zentrale Instrument, um den bestehenden Wohnraum gerecht umzuverteilen, ist eine Wohnflächenabgabe: Diese würde bei einer überdurchschnittlich großen Wohnfläche pro Kopf erhoben, was Anreiz zum Umzug in kleinere Wohnungen bieten und Wohnraum schaffen könnte. Diese Abgabe muss mit Maßnahmen Hand in Hand gehen, die für konstant bezahlbare Mieten sorgen, Flächennutzungen optimieren und gemeinschaftliches Wohnen, Wohnungstausch oder Beratungsangebote ermöglichen. Ein entsprechender 10-Punkte-Plan für flächensparendes Wohnen, der die wichtigsten Suffizienzmaßnahmen bündelt, wurde Anfang des Jahres 2021 vorgelegt.
Die Bundestagswahl ist in der Tat eine Klimawahl: In den nächsten Monaten und Jahren stehen richtungsweisende Entscheidungen an, für die es konkrete Einstiegsprojekte und Vorschläge für klimagerechtes Bauen und Wohnen braucht. Die Ideen der im Bundestag vertretenen Parteien geben allerdings wenig Grund zu der Annahme, dass die sozial-ökologische Krise im Wohnungs- und Bausektor wirklich umfassend adressiert wird. Denn die Vorschläge müssen im Sinne einer „doppelten Transformation“ immer danach befragt werden, inwiefern sie für Verbesserungen der gegenwärtigen Lage sorgen und zugleich die Bedingungen für weiterreichende Veränderungen schaffen können. Gleichzeitig ist eine Debatte über die Wege der Transformation unabdingbar: Mit welchen Strategien kann eine klimagerechte Antwort auf die Wohnungsfrage formuliert und durchgesetzt werden?
Noch so wunderbare Leuchtturmprojekte bringen wenig, wenn sich strukturelle Bedingungen entgegengesetzt entwickeln
Eine nachhaltige und kreislaufgerechte Baubranche, die ein Wohnen im „Haus der Erde“ überhaupt erst ermöglicht, braucht einen intensiven Fachdiskurs, der sich auch zur Öffentlichkeit öffnet. Hier müssen neben erforderlichen Einschränkungen auch die Vorteile eines neuen, nachhaltigen und gemeinschaftlichen Wohnens sichtbar werden. Der Bewusstseinswandel braucht den Einbezug aller Akteur*innen zum Beispiel in Bürger*innenräten – auch wenn klar sein muss, dass bestimmte Maßnahmen nur gegen die Interessen bislang mächtiger Verbände durchzusetzen sein werden. Nicht zuletzt braucht es dringend eine Neuausrichtung der Lehrinhalte auf nachhaltiges (Um-)Planen und (Nicht-)Bauen in den hiesigen Berufs- und Hochschulen – ingenieurwissenschaftliche Ansätze bestehen bereits in Münster und Dresden.
Wichtig sind dabei auch Projekte „zum Anfassen“, die aufzeigen, dass es auch anders geht: Menschen sind vom Wandel besonders dann überzeugt, wenn dieser in Reallaboren, Modellprojekten und immer mehr Plusenergiehäuser auch erlebt werden kann. Gleichzeitig bringen noch so wunderbare Leuchtturmprojekte wenig, wenn sich strukturelle Bedingungen entgegengesetzt entwickeln. Kampagnen wie der Berliner Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ zeigen, wie viel „Wumms“ in der Wohnungsfrage steckt – für einen Großteil der Bevölkerung ist sie von essenzieller Bedeutung. Die Verknüpfung mit klimapolitischen Themen, wie sie etwa von der Gruppe „Wurzeln im Beton“ anhand der Proteste gegen die Praxis von deutschen Zementproduzenten im globalen Süden betrieben wird, steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Ob Protest, Vorzeigeprojekt oder Gesetzgebung – letztlich wird jedoch keine dieser Strategien für sich genommen zum Erfolg führen. Viel wichtiger ist ein Pluralismus der vielfältigen Akteur*innen und die konstruktive Bezugnahme auf mögliche gemeinsame Ziele.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel hat es wieder ins Bewusstsein gerufen: Obwohl vieles durch die Landes- und die Kommunalpolitik gestaltet werden kann, werden entscheidende Weichen der Wohnungspolitik vor allem auf Bundesebene gestellt. Die in diesem Artikel versammelten (und keinesfalls abschließenden) Vorschläge, die beispielsweise zum Teil auch in der „Zukunftsagenda der Vielen“ von BUND und Paritätischem Gesamtverband zu finden sind, adressieren daher vornehmlich die Bundesebene. Gleichzeitig ist es unbedingt nötig, Wohnungspolitik in Verbindung zu anderen Politikfeldern zu betrachten – zum Beispiel Mobilitäts-, Boden- oder auch Bildungspolitik. Nur holistische Ansätze ermöglichen es, die vor uns liegenden Transformationsprozesse gerecht und ohne Rebound-Effekte zu steuern.
Wie wir wohnen, ist aus klima- und energiepolitischer Sicht zentral, aber gleichzeitig auch ein dezidiert sozialpolitisches Thema, in dem die Ungleichheiten unserer Gesellschaft auf besonders brutale Weise sichtbar werden. Der vermeintlichen „Armutsblindheit“, die klimapolitischen Akteur*innen immer wieder vorgeworfen wird, könnte klar entgegengearbeitet werden, wenn progressive Wohnungs- und Baupolitik zentrale Felder der Debatte um eine sozial-ökologische Transformation und ein neues europäisches Bauhaus werden. Wie und für wen sollten wir innerhalb planetarer Grenzen Wohnraum neu bauen, umbauen oder umverteilen? Wie können besonders Menschen in überbelegten und schlecht belüfteten Wohnungen vor Verdrängung und den Folgen der Erderhitzung geschützt werden? In der Wohnungsfrage wird besonders deutlich, wie sinnvoll und notwendig es ist, dass wir uns dabei auf Klimagerechtigkeit beziehen.
Zum Autor:
Anton Brokow-Loga forscht an der Schnittstelle von Urbanistik, Politikwissenschaft und Transformationsforschung. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Professur für Sozialwissenschaftliche Stadtforschung an der Bauhaus-Universität Weimar und Teil des I.L.A.-Kollektivs. Zuletzt erschien von ihm und Frank Eckardt: „Stadtpolitik für alle. Städte zwischen Pandemie und Transformation“, 2021, Heidelberg: Verlag Graswurzelrevolution.