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Dieser Text ist ein Auszug aus der Studie „Eine kritische Analyse an deutschen Hochschulen vorherrschender Einführungen in die Mikro- und Makroökonomie und plural-heterodoxe Alternativlehrbücher“ von Helge Peukert und Christian Rebhan. In dieser Studie werden vorherrschende mikro- und makroökonomische Lehrbücher an deutschen Hochschulen anhand der exemplarischen Beispiele der Einführungen Varians und Blanchard/Illings texthermeneutisch und nach vorheriger Entwicklung eines Kriterienkatalogs zum Mainstream und zur Heterodoxie untersucht.
Ergebnisse der Studie auf einen Blick:
Hal Varians „Grundzüge der Mikroökonomie“, das hierbei als Musterexemplar für die Lehrbücher (LB) der Mikroökonomie angesehen werden kann , lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen: (1.) Varian ist nicht interessenkonfliktfrei; (2.) Das LB enthalten an vielen Stellen nicht (ganz) korrekte und falsche Angaben, was Zitate, Daten, Grammatik usw. angeht. Auch entsprechen Quellenangaben zu bestimmten Fakten oder Zusammenhängen nicht unbedingt ihren Inhalten. Für die meisten Aussagen werden keine empirischen Belege geboten. Den Thesen entgegenstehende Forschungsbeiträge auch aus der Mainstreamliteratur finden meistens keine Erwähnung. In der VWL kritisch diskutierte Theorieelemente wie die Kapitalkontroverse, Sraffas Kritik an der Unabhängigkeit von Angebots- und Nachfragekurven, die Folgen des Sonnenschein-Mantel-Debreu-Theorems und z.B. die Gorman-Kritik werden nicht angesprochen, ebenso wenig ggf. für das Verständnis der Konzepte wesentliche dogmengeschichtliche Debatten (z.B. des Nutzenkonzepts) nachgezeichnet;
(3.) Das LB orientiert sich fast ausschließlich am neoklassischen Lehrkanon. Es folgt ansonsten den 11 Charakteristika des Mainstreams. Eine Rezeption alternativer Denkschulen oder Grundbausteine (z.B. lexikographische Präferenzen) findet nicht statt. Grenzbereiche wie die Verhaltensökonomie haben keinen Einfluss auf die sonstigen Ausführungen und ihre Ergebnisse werden relativiert und zum Teil infrage gestellt. Viele neoklassische Theorieannahmen (Transitivitäts- und Konvexitätsannahme usw.) werden nicht begründet, sondern als vermeintliche Selbstverständlichkeiten einfach statuiert. Sie sind so formuliert, dass sie nicht falsifiziert werden können. Auch werden keine Bestätigungen durch eingetroffene Prognosen angeführt.
(4.) Die positiven Wohlfahrtseffekte einer - meist nur an Beispielen freiwilligen bilateralen Tauschs erläuterten - Konkurrenzwirtschaft ohne Machtausübung einzelner Akteure oder Akteursgruppen, mit Kapital und Arbeit auf Augenhöhe, unter Nichtexistenz von Machtkonflikten und unter Betonung der Produktivleistungen privatwirtschaftlicher Unternehmen sind die Kernbotschaft des LB. Am besten sollte alles (inkl. des Handels mit Nieren) über Märkte erfolgen.
Hierbei wird in Kauf genommen, „die Konkurrenzwirtschaft“ - entgegen dem statuierten Wissenschaftsideal nüchterner Exaktheit und der statistisch-ökonometrischen Überprüfung aller Aussagen - ausgesprochen verschwommen und widersprüchlich zu definieren und vorzustellen, um sie als realwirtschaftlichen Musterfall präsentieren zu können und unzulässige neoliberal-marktkonservative Folgerungen zu ziehen, die weit über mikroökonomische Fragestellungen hinausgehen. Realistische Marktformen (v.a. Oligopole und monopolistische Konkurrenz) und Phänomene, die nicht das einfache Selbstregulationsschema nahelegen (z.B. Netzwerkexternalitäten) finden nur sekundär Berücksichtigung und gehören oft nicht zum Pflichtkanon.
(5.) Die LB konstruieren einseitig Normalfälle und nehmen Generalisierungen z.B. zu Angebots- und Nachfragekurvenverläufen vor, die sich als arbiträre Verallgemeinerungen erweisen (Engelkurven können tatsächlich alle möglichen Formen annehmen, die Annahme sinkender Grenzprodukte und steigender Grenzkosten im relevanten Bereich sind ebenfalls recht beliebig und hängen von Einfaktorvariationen ab usw.). Nicht durch externe (Staats)Eingriffe verursachte (unfreiwillige) Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Der in den LB auf elementarstem Niveau gehaltene modelltheoretisch-quantitative Ansatz wird als die einzig gültige Mikroökonomie vorgestellt. Zur Konstruktion der Normalfälle bedarf es öfters sehr realitätsfremder Annahmen (z.B. homothetische und quasilineare Präferenzen) oder unklarer Beschreibungen (wie sieht z.B. eine „im Wesentlichen flache Nachfragekurve aus?). Lässt man diese fallen, wird die mikroökonomische Theorie fast inhaltsleer, wohl, weil sie keine sozialen, kulturellen und institutionellen Einflüsse berücksichtigt.
(6.) Das Framing durch contested concepts (streitbare Ideen) und der salient exemplar effect (auch emotional beeindruckende Geschichten, Bilder usw., siehe näher Graupe 2017 im Anschluss an Wehling 2016 und mit Bezug auf Varian ausführlicher Peukert 2018, S. 315-322) spielen nicht nur bei den Beispielen, sondern selbst bei der Darstellung der neoklassischen Kernbausteine eine herausragende Rolle (z.B. Entfallen des „perversen“ Teils der Arbeitsangebotskurve, Ausklammerung der ev. die Beschäftigung fördernden und preissenkenden Wirkung dank der Festsetzung eines Mindestlohnes beim Monopson usw.). Insofern sind die LB ideologisch durchsetzt. Sie manipulieren die Studierenden auf zum Teil sehr subtile Art und Weise.
(7.) Marktprozesse erfolgen in den LB in einem institutionell-juridischen Vakuum, implizit wird die Wirtschaft des angelsächsischen Kapitalismus vorausgesetzt (Shareholder Value-Prinzip, keine Flächentarifverträge usw.). Jegliche konkrete Beschreibung institutioneller Gegebenheiten und Besonderheiten (z.B. ein Vergleich der Sozialsysteme) unterbleibt. Der Staat (die „Behörden“) und die Gewerkschaften treten - als Primitivvariante des Public-Choice-Ansatzes - fast ausschließlich negativ, in der Rolle dysfunktionaler, Marktprozesse durcheinanderbringender und Wohlfahrtsverluste produzierender Störenfriede auf, die es ev. gut meinen, aber durch ihre selten intelligenten Handlungen meist nur das Gegenteil dessen erreichen, was sie eigentlich intendierten. Die LB enthalten mehrere Demokratie-Unmöglichkeitstheoreme (Arrow Paradox usw.), die den Sinn demokratischer Verfahren grundsätzlich in Frage stellen.
(8.) Aktuelle ökologische und sozialpolitische Fragestellungen spielen im LB praktisch keine Rolle, die Darstellung externer Effekte und öffentlicher Güter ist rudimentär und tendenziös. Die Finanzmarktkrise ist am LB spurlos vorübergegangen, es wird nach wie vor durchgehend eine rudimentäre Effizienzmarkthypothese vertreten, nur geringfügig relativiert durch seltene, oft verkürzte Hinweise z.B. auf subjektive Fehlurteile oder bisher noch nicht ausreichende Daten z.B. für die Berechnung von Value-at-Risk.
(9.) Das LB verdient insgesamt die Note ungenügend. Die einseitig neoklassische Anlage des LB, v.a. aber die es durchziehenden Manipulationsstrategien widersprechen den ethischen Grundsätzen der Wissenschaft. Auch verfehlt die methodische Anlage des LB (komparative Statik und modellorientierte Partialanalysen) auch solche zentralen Aspekte des heutigen dynamisch-evolutorischen Wirtschaftsgeschehens, die sich zur Kennzeichnung positiver Aspekte marktwirtschaftlichen Geschehens und der Rolle des Unternehmers eignen könnten. „(T)he role of the entrepreneur is reduced to that of the engineer: he need only determine the quantitiy produced given the prices of inputs and output and simple production functions. There are no decisions to be made regarding price fixing, the quality of the product, sales expenditure, expansion strategy etc. Indeed, the entrepreneur in perfect competition faces none of the problems which characterize the modern firm and which confer a personal identity to the entrepreneur“ (Zamagni 1987, S. 390; siehe auch die generelle Kritik an der Lehre der Mikroökonomie bei Bumas 1999, S. XXVII-XXVIII und 21, die zeigt, dass Varians LB exemplarisch ist).
Abschließend soll kurz ausgeführt werden, welche Schulrichtungen und heterodoxe Charakteristika im LB nicht zum Tragen kommen. Wie erwartet, stellt die Neoklassik mit markträumenden Preisen, stabilen Erwartungen und Gleichgewichten usw. den Kernbestand der Ausführungen dar. Die neoklassische Synthese (aggregierte Nachfrage, Liquiditätspräferenz, IS-LM, Sonderfälle wie die Liquiditätsfalle, die Phillipskurve usw.) spielte keine Rolle. Man kann dies auf den mikroökonomischen Fokus des LB zurückführen. Allerdings zeigte sich, dass Varian sich eindeutig zu makroökonomischen Themen und Zusammenhängen äußert.
Auch der Monetarismus (Quantitätstheorie und Geldnachfrage, erwartungskorrigierte Phillips-Kurve, NAIRU usw.) findet im LB keinen Niederschlag. Hinsichtlich der Walrasianischen Ungleichgewichtsansätze (Clower, Leijonhufvud, Malinvaud), bei denen es um Ungleichgewichte durch Informations- und Koordinationsprobleme, den fehlenden Auktionator, die effektive und notionale Nachfrage und Rationierung geht, zeigt sich aber auch, dass bestimmte Theorieansätze nicht nur wegen ihres stark makroökonomischen Bezuges keine Erwähnung finden. Bei den rudimentären Darstellungen zum allgemeinen Gleichgewicht in den LB hätten nämlich Hinweise auf verschieden rationierte Märkte (Malinvaud) durchaus eine Erweiterung des Möglichkeitshorizonts und eine Pluralisierung des ansonsten recht einseitigen Bildes weitgehender Markträumung bieten können. Der Neukeynesianismus (Mankiw, Summers, Blanchard) hätte hinsichtlich Menükosten, Preisrigiditäten und Hystereseeffekten sicher zur realistischen Erweiterung seines Bildes der Wirtschaftswelt beitragen können, er widerspricht aber der neoliberal-konservativen Ausrichtung des LB. Eine Ausnahme stellt nur die sehr kurze Erwähnung der Effizienzlohntheorie dar.
Obwohl das LB vom Ansatz her im Prinzip viele Elemente mit der Neuklassik (Lucas, Muth, Sargeant, Barro) und der Real Business Cycle-Schule (Prescott, Kydland, Plosser) z.B. trotz aller Unterschiede im Grad der Formalisierung hinsichtlich auch kurzfristiger Gleichgewichte und teilweise der Politikineffektivitätsthese teilt, kommen sie sicher auch wegen des mikroökonomischen Schwerpunktes nicht erkennbar vor. Gleiches gilt für das Neue Konsensmodell bzw. die Neue neoklassische Synthese mit unterschiedlichen DSGE-Modellen.
Die Verhaltensökonomie und ihre wesentlichen Ansätze wie kognitive Verhaltensanomalien, die Prospect Theorie, Heuristiken, Framing, Herdenverhalten usw. werden im den LB zusammenfassend erwähnt und es wird ihr sogar ein - wenngleich nicht zum Kernbestand gezähltes - eigenes Kapitel gewidmet. Die Ergebnisse bleiben aber völlig folgenlos für die sonstigen Ausführungen, sie werden zum Teil relativiert und (ihre Relevanz) in Frage gestellt und an Overconfidence bezüglich des Expertenwissens von Lehrbuchökonom_innen festgehalten. Die Neuroökonomie (Neuromarketing, Einsatz der Magnetresonanztomographie) hat (noch) keinen Eingang in das LB gefunden.
Auch einige Grundbeispiele der Komplexitätsökonomie, die im LB nicht vorkommt, mit vielfältigen Beziehungsgefügen ohne eindeutige Gleichgewichte und einer Vielfalt von Verhaltensmöglichkeiten und irreversiblen Eigendynamiken sowie nicht linearer, zirkulärer Kausalität hätten zu einem, der Vielfältigkeit realer Wirtschaftsabläufe wiederspiegelnden Gesamtbild beitragen können. Die Perspektive des in den LB völlig ausgeklammerten kritischen (Alt)Institutionalismus (Adkisson 2010) mit (zeitweise konservativ-nachhinkenden) Institutionen, Habitus, Statuskonsum, Emulation, kumulativer Verursachung, sozialen Minima und Kapital und Arbeit auf Augenhöhe, dem Veblen-, Snob-, Bandwagon-Effekt usw. hätte auch einen pluralen Kontrapunkt zur völlig unkritischen Bejahung der „Konkurrenzwirtschaft“ unter Ausblendung jeglicher Schattenseiten in den LB bieten können.
Zwar werden einige Aspekte der Neuen Institutionenökonomie (Zuweisung von Handlungs- und Verfügungsrechten, Transaktionskosten, hold-ups, horizontale/vertikale Integration, adverse Selektion usw.) in den hinteren, nicht zum Pflichtkanon zählenden Teilen angerissen, aber aus der Sicht einer möglichst unbehinderten Privatwirtschaft vorgestellt und z.B. keine denkbaren Folgerungen hinsichtlich eines ev. sinnvollen Regulierungsbedarfs z.B. bei Vorliegen von Pfadabhängigkeiten angedeutet.
Ein ähnlicher Befund ergibt sich für die Informationsökonomie. Kosten der Informationsbeschaffung, Screening, Signaling usw. werden erwähnt, aber Folgerungen aus Marktunsicherheit wegen asymmetrischer und unvollständiger Informationen und ungleicher Informationsverteilung und eventuell wirtschaftspolitische Implikationen für das Konkurrenzmodell (Stiglitz: Hinfälligkeit der Wohlfahrtsannahmen) werden nicht gezogen.
Die (deutsche) Ordnungsökonomie mit ihrem Leitbild der vollkommenen Konkurrenz als aktiv politisch zu sichernder, gesetzter Ordnung, da sich die Marktwirtschaft durch Konzentrationsprozesse selber abschaffen kann und die konsequente Durchsetzung des Haftungsprinzips aus Gründen der Rechtmäßigkeit, Fairness und Machtkontrolle, spielt in diesen rein amerikanischen LB mit ihrer eindeutig neoliberalen Ausrichtung überhaupt keine Rolle.
Aufgrund des formalistischen Methoden- und Modellideals bildet auch der österreichische Ansatz eine Lücke in den LB. Privateigentumsrechte, Entrepreneurship, Aggregataversion, die Anmaßung von Wissen, der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren passen an sich bestens in das liberal-konservative Weltbild der LB, aber z.B. der österreichische Subjektivismus und die vertretene dynamische Markttheorie mit unvorhersehbaren und nicht zu formalisierenden Innovationsvorgängen stehen quer zur methodischen Anlage des LB, dem daher die Chance entgeht, die tatsächlichen Vorteile marktwirtschaftlicher Prozesse zu erhellen. Stattdessen müssen z.B. arbiträre Kostenkurven unterstellt werden, um statische Wohlfahrtstheoreme ableiten zu können.
Der Postkeynesianismus (Dequech 2012) gehört zwar von Hause aus zur Makroökonomie, aber das LB bescheidet sich nicht mit mikroökonomischen Fragestellungen. Die von dieser Denkschule in den Mittelpunkt gestellten Aspekte wie Unsicherheit, Nicht-Ergodizität, historische Zeit, Marktinstabilitäten, mark-ups, endogenes Geld, Animal Spirits, aktive Fiskal- und Verteilungspolitik sind eindeutig der Heterodoxie zuzuordnen und kommen in diesem neoliberal-konservativen LB überhaupt nicht vor. Ihr Einbezug hätte definitiv zu einem pluraleren Gesamtbild des Wirtschaftsablaufs beigetragen.
Völlig fern liegt dem LB auch die ausgeblendete Sozioökonomie (Hedtke (Hrsg.) 2015) mit ihrer Betonung einer sozialökonomischen Rationalität (starke Reziprozität), einer Tugendethik, Sozialkapital, Kooperation und sozialer Kohäsion als Eigenwerten und wesentlichen „Produktionsfaktoren“ und der Berücksichtigung der caring und sharing economy. Überhaupt keine Berücksichtigung erfährt auch die politökonomisch ausgerichtete Regulationstheorie und ihre Aussagen zu (post)fordistischen Akkumulationsregimes bzw. integrierenden Regulationsmodi, ideologischen Denkformen usw. Gleiches gilt für den Marxismus bzw. für die Radicals. Die Existenz von Macht und Ausbeutung, Eigentumsverhältnisse, Interessengegensätze und soziale Konflikte, kulturelle Hegemonie und Fragen der Wirtschaftsdemokratie tauchen im LB nicht auf. Die früher nicht nur in Deutschland vertretene Historische Schule und ihre Überlegungen zu Wirtschaftsstilen und -systemen und Konzeptionen von Märkten als sozialrechtliche Institutionen, die Berechtigung und der Wert hermeneutischer Verstehens usw. bleibt auch außen vor.
Den Neoricardianismus (Sraffa-System, Surplus-Ansatz, Verteilung als unabhängige Variable) ist zwar primär in der Makroökonomie zu verorten, aber ein einfaches Sraffa-System stellt schon eine erwähnenswerte Alternative zur sehr annahmeintensiven Produktions-, Kosten- und Verteilungstheorie der Neoklassik und des Mainstreams dar. Die Ausklammerung v.a. der Kapitalkontroverse entspricht nicht dem Erfordernis transparenter Wissenschaft.
Abschließend ist festzustellen, dass die Grundlagen ökologischer Ökonomik (Entropie und Thermodynamik, absolute biosphärische Grenzen, Postwachstum, Suffizienz, ökologischer Fußabdruck usw.) neben wenigen, zum Teil auch verharmlosenden Ausführungen ohne aktuelle Bezüge gegen Ende der LB nur sehr stiefmütterliche Beachtung finden. Sie nehmen sich der ökologischen Überlebensfrage nicht im Mindesten an. Der Feminismus (Genderfrage, soziale Zuschreibungen, Diskriminierung, männliches Dominanzverhalten, Hausarbeit usw.) ist kein Thema des LB. Varian sticht nur damit hervor, meistens die weibliche Form zu benutzen, was aber inhaltlich folgenlos hat.
Als Endergebnis lässt sich festhalten: Neben vier wenig und zum Teil tendenziös einbezogenen werden 18 Denkschulen völlig ausgeklammert. Hierbei sind noch nicht einmal eher im Bereich der BWL angesiedelte, alternative Unternehmenstheorien usw. eingerechnet. Bumas schließt seine Beurteilung der vorherrschenden LB mit einem Zitat des Nobelpreisträgers Herbert Simon: „I think the textbooks are a scandal. I think to expose young impressionable minds to this scholastic exercise as though it said something about the real world, is a scandal […] I don´t know any other science that purports to be talking about real world phenomena, where statements are regularly made that are blatantly contrary to fact“ (Simon 1986, S. 23).
Aber sie vermitteln ein bestimmtes Weltbild, das bestimmten Interessen dient und dementsprechend gefördert wird. Nancy MacLean (2017) belegt für die Virginia Schule (Public Choice-Ansatz) und in ihrem Umfeld angesiedelte Think Tanks und Stiftungen detailliert, wie massiv die v.a. auch finanzielle Unterstützung dieser Richtung durch marktliberal-rechte Großunternehmen seit ihren Anfängen erfolgt. Gordon Lafer (2017) belegt die in den letzten Jahrzehnten zunehmende Einflussnahme von Big Business auf den politischen Entscheidungsprozess in den USA und zur dahinterstehenden corporate politicial agenda, die weitgehend mit der (impliziten) wirtschaftspolitischen Ausrichtung der hier behandelten LB übereinstimmt (für Deutschland siehe Ötsch et al. 2018). Schließlich werden auch die LB selber von internationalen, privatwirtschaftlichen Mediengiganten aufgelegt und in der Person Varians ist ein sicher hochdotierter Mitarbeiter Googles der Verfasser des am weitesten verbreiteten LB.