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Im März 2020 haben die Zentralbanken einmal mehr bewiesen, dass sie die erste Verteidigungslinie in krisengeschüttelten Zeiten sind. Mit ihrem weitreichenden Handeln haben sie verhindert, dass die Welt zusätzlich zu der schweren Gesundheits- und Wirtschaftskrise, die durch Covid-19 verursacht wurde, einen Zusammenbruch der Finanzmärkte erlebte. Seit der globalen Finanzkrise haben sich die Rolle und das Repertoire der Zentralbanken stark verändert. Die US-Notenbank hat kürzlich eine neue Strategie des durchschnittlichen Inflationsziels für ihre Geldpolitik eingeführt, und die Europäische Zentralbank führt derzeit die erste Strategieüberprüfung seit 17 Jahren durch - Präsidentin Lagarde hat sehr deutlich gemacht, dass die EZB sich mit dieser neuen Rolle auseinandersetzen will. Den Zentralbanken stehen mächtige Instrumente zur Verfügung. Sollten sie - und wenn ja, wie - politische Ziele jenseits ihres traditionellen Preisstabilitätsmandats unterstützen? Die Konferenz "Next Generation Central Banking: Klimawandel, Ungleichheit, finanzielle Instabilität" am 3-5. Februar 2021 bot ein Forum zu diesen zeitgemäßen Fragen.
In dieser eineinhalbstündigen Paneldiskussion wird die Notwendigkeit und Legitimierung einer potentiellen Kompetenzerweiterung von Notenbanken hinsichtlich der Bewältigung der Klimakrise thematisiert und inwieweit Notenbanken diesbezüglich überhaupt effektiv eine sozial-ökologische Gestaltungsmacht verfügen können oder sollen.
Für Claudia Buch (Vizepräsidentin der Bundesbank) ist das schnelle Agieren der Fiskalpolitik maßgeblich für die Wahrung der real- und finanzwirtschaftlichen Stabilität. Zudem seien funktionierende Finanzmärkte und die Resilienz des Bankensektors ein wichtiger Kompass für die sozial-ökologische Transfomation, wofür ein stabiles nominales Preisniveau essentiell für die Interpretation von relativen Preisen ist. Sie sieht eine Ausweitung des Mandats von Notenbanken bzgl. Klimarisiken als kritisch und zu riskant, da das gegenwärtige institutionelle Design formal unabhängiger Notenbanken mit klarem, begrenzten Mandat bereits ausreichend für die Bewältigung der Klimakrise sei.
Für Dankel Stelter (beyond the obvious) sind Zentralbanken keineswegs heilig zu sprechen bzw. argumentiert gegen deren aktive Rolle im Klimaschutz. Im Gegenteil leiden deren asymmetrische Hilfsprogramme an einem Moral-Hazard-Problem, denn diese hätten das Finanzsystem weiter destabilisiert und eine massive Zunahme der Gesamtverschuldung des öffentlichen als auch privaten Sektors nicht vorgebeugt. Einen "CO2-Bias" von Notenbanken sieht er als gegeben, da Konsumausgaben künstlich (durch "financial engineering") aufrecht erhalten werden. Schließlich sieht Stelter in einer aktiveren Rolle die Gefahr des Greenwashing, denn eine klimafreundliche Refinanzierungsumgebung würde v.a. eine Förderung von Großunternehmen bedeuten.
Adam Tooze (Columbia University) geht in Stelters Kritik noch weiter und vertritt einen historischen, aktionistischen Ansatz, in dem Zentralbanken durch ihr dynamisches, aktives Agieren der unmittelbar bevorstehenden Klimakatastrophe notstandsmäßig entgegen wirken müssten — ähnlich der jüngsten Intervention der US-Notenbank im März 2020 im US-Staatsanleihenmarkt.