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Die Moderne begann mit Hoffnungen auf eine egalitäre Bürgergesellschaft. Unerkannte Privilegien führten jedoch zur Konzentration von struktureller wirtschaftlicher und politischer Macht. Soziale Ungleichheit, Geschlechterhierarchie, Krisen, koloniale Expansionen, Kriege, Abstürze von Demokratien in Diktaturen sowie Wachstum und Naturzerstörung waren die Folgen. Bislang wird versucht, die Krisensymptome der kapitalistischen Marktwirtschaft realpolitisch zu mildern. Es gibt jedoch auch realutopische Denkansätze, das Geld auf seine dienende Funktion zu beschränken und natürliche Lebensgrundlagen als Gemeinschaftsgüter statt als Waren zu behandeln. In diesem Buch werden sie ideengeschichtlich und ordnungspolitisch rekonstruiert. Sichtbar werden dabei Umrisse einer Transformation der kapitalistischen Marktwirtschaft in eine »Marktwirtschaft ohne Kapitalismus« mit einer breiten Dezentralisierung des Geld-, Boden- und Realkapitals. Eine solche menschenrechtlich und demokratisch fundierte zweite Moderne könnte Chancen eröffnen für eine egalitäre Arbeitswelt, für eine Überwindung von Geschlechterhierarchie und Nord-Süd-Gefälle sowie für wirtschaftliche Stabilität ohne Wachstum.
Der Band 1 umfasst sieben Kapitel, in denen die Entwicklung der ökonomischen Theorien von Klassik und Marxismus ebenso dargestellt wird wie die ersten Ansätze zu einer Dezentralisierung des Kapitals bei den Frühsozialisten, Pierre Proudhon und John Stuart Mill. Der Band 1 enthält auch eine Darstellung der nichtmarxistischen-bürgerlichen Kapitalismuskritik von Soziologen wie Max Weber, Georg Simmel und Werner Sombart sowie eine Übersicht über unorthodoxe Denkansätze, die in Anknüpfung an Proudhon und Mill deren Gedanken zur Dezentralisierung des Kapitals durch Geld- und Bodenreformen weiterentwickelten und die nach einer ebenso freiheitlichen wie gerechten Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus suchten.
Aus der Perspektive dieser Refomansätze werden in Band 2 die Hauptströmungen in der Bürgerlich-kapitalistischen und der marxistischen Ökonomie während der 1920er bis 1940er Jahren dargestellt. Im Focus stehen hier die Theorien der Neoklassik, des Organisierten Kapitalismus von Rudolf Hilfering und Fritz Naphtali, von Joseph A. Schumpeter, John Maynard Keynes und Karl Polanyi sowie einer Auseinandersetzung mit der Wirtschaftsideologie des Nationalsozialismus. Außerdem werden in diesem Band die Theorien des Ordoliberalismus und der Small-is-beautiful-Bewegung dargestellt, die das Ziel einer Dezentralisierung der Wirtschaft eigenständig und unabhängig von ihren Vorläuferbewegungen anstreben - aber es letztlich noch verfehlten. Schließlich werden der globale Aufstieg des modernen Finanzmarktkapitalismus und die kritischen Gegenbewegungen einschließlich der Bewegungen der Mitarbeiterunternehmen im Westen und der Arbeiterselbstverwaltung im ehemaligen Jugoslawien dargestellt.
Im Band 3 geht es um den Versuch, sich in der unübersichtlich gewordenen Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung der neueren Negativzinsentwicklung zu orientieren und anhand ausgewählter Beispiele Blicke auf das weite Spektrum von linksintellektuellen und dumpfe rechtspopulistischen Gegenpositionen zur globalisierten kapitalistischen Marktwirtschaft zu werfen und die Reformen von Geld- und Bodenordung sowie Unternehmensverfassung in der Mitte dieses Spektrums zu verorten. Im Anschluss daran wird der gegenwärtige Stand der Diskussion über die "Realutopie einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus" dargestellt. Und zu guter Letzt geht es um ihre demokratietheoretischen Implikationen, um einen Bezug zu neueren Transformationstheorien und um die Frage, ob die gegenwärtige Corona-Pandemie auch eine Chance für die notwendige systemische Transformation in eine zweite Moderne sein könnte.