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Woher kommt der Kapitalismus? Ist er eine natürliche Folge der gesellschaftlichen Entwicklung? Oder resultiert er aus Theorien, die im Laufe des politischen und technologischen Wandels entstanden sind? Die Serie "Der Kapitalismus" begibt sich weltweit auf die Suche nach Antworten und schreckt nicht davor zurück, alte Idole zu stürzen und Vorurteile auszuräumen. In sechs Folgen werden Menschen aus 22 Ländern befragt, darunter Jäger aus dem Amazonas-Gebiet, die letzten Kommunisten Chinas und Börsenmakler aus New York. Wie sieht die Welt nach der Krise 2008 aus? Mehr als 20 renommierte Wirtschafts-Experten versuchen das herauszufinden und begeben sich auf den Spuren der großen Denker, die die Geschichte des Kapitalismus geprägt haben.
Der ungarische Wirtschaftshistoriker und -wissenschaftler Karl Polanyi, der nach dem Ersten Weltkrieg an der Universität Wien und später in London und schließlich an der Universität New York lehrte, war seiner Zeit wahrscheinlich weit voraus: Seine Warnung davor, dass die Gesellschaft der Wirtschaft dienen werde, statt umgekehrt, findet im 21. Jahrhundert mehr Gehör als zu seinen Lebzeiten.
Polanyis Untersuchungen über die antiken Gesellschaften der Sumerer und Babylonier können aufschlussreiche Erkenntnisse über die Welt nach 2008 liefern, in der sich verschuldete Staaten totsparen müssen und demokratisch gewählte Volksvertreter den anonymen Entscheidungen der Finanzmärkte machtlos ausgeliefert sind.
Diese letzte Episode der sechsteiligen Serie über den Kapitalismus widmet sich dem Denken Karl Polanyis. Seine Grundthese ist, dass ein unregulierter, freier Markt seine sozialen und ökologischen Voraussetzungen untergräbt und letztendlich zerstört. Des weiteren folgen Beispiele aus der anthropologischen Wirtschaftsforschung wie selbstverständlich in früheren Menschheitsepochen die Wirtschaft als ein Subsystem von gesellschaftlichen Normen, politischer, kollektivistischer Aushandlungsprozesse und der natürlichen Umwelt verstanden und gelebt wurde. So ist die Praxis der Mesopotamier beim Wechsel von Staatsoberhäuptern sämtliche angehäuften Schulden zu annulieren zu nennen, denn mit diesem gesetzlichen Neuanfang bedeutete dies die Wiederherstellung der Gleichstellung der wirtschaftlichen Produzenten untereinander. Für Polanyi war es zudem zentral, Geld nicht allein opportunistischen privaten Bankiers zu überlassen, sowie Grund und Boden nicht als menschengemachte Handelswaren zu betrachten. Vielmehr bedarf es bei diesen fiktiven Waren (dazu zählen Geld, Arbeit, Land) einer sozialen Einbettung und damit einer umfassenden Sorge bei deren gezielten Herstellung und Nutzung. Polanyi probematisiert damit die angeblich natürliche Symbiose zwischen Demokratie und Kapitalismus und arbeitet in seinem Werk ein neues Subjekt heraus: die Gesellschaft.
Gehe zu: Der Kapitalismus – Karl Polanyi, Wirtschaft als Teil des menschlichen Kulturschaffens (6/6)