In Zeiten der Globalisierung liegt es nahe, Wirtschaft vor allem in ihrer internationalen Dimension zu betrachten. Die AutorInnen zeigen unterschiedliche theoretische Sichtweisen auf wirtschaftliche Zusammenhänge und legen damit die Basis für ein differenziertes Verständnis von Ökonomie und wirtschaftspolitischen Debatten. Volkswirtschaftliche Kernfragen wie Staat, Wachstum, Verteilung und Geld werden aus den Blickwinkeln der Neoklassiker, der Keynesianer und der Politischen Ökonomie erklärt. Jedes Kapitel ist zudem mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis versehen. Die neuen Erkenntnisse werden systematisch und in verständlicher Sprache dargestellt und dadurch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der/die interessierte LeserIn hat dadurch die Möglichkeit, sich selbst ein Bild von der Ökonomie der Internationalen Entwicklung zu machen.
Ziel dieser kritischen Einführung in die Volkswirtschaft ist es, auf knappem Raum unterschiedliche Sichtweisen auf wirtschaftliche Zusammenhänge darzulegen und damit die Basis für ein differenziertes Verständnis von Ökonomie und wirtschaftspolitischen Debatten zu liefern. In Zeiten einer integrierten Weltwirtschaft, rascher Veränderungen und internationaler Krisen liegt es nahe, Wirtschaft in ihrer internationalen Dimension in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt wie gehabt meist nationale Ökonomien isoliert zu betrachten. Miteinander asymmetrisch verbundene Entwicklungen und Veränderungen in Nord und Süd, die auf globaler sowie zwischen nationaler und regionaler Ebene stattfinden, stellen somit einen zentralen Bezugspunkt dar. Daher der Titel des Buches: Ökonomie und internationale Entwicklung.
Ein vorrangiges Ziel dieses Buches besteht darin, eine kritische – und möglichst verständliche – Einführung in ökonomisches Denken sowie eine Darstellung unterschiedlicher Zugänge zu diesem zu liefern. Den Kern wirtschaftswissenschaftlichen Interesses bildet die Frage, wer wie für wen (und warum) produziert. Damit stehen der Vorgang der Produktion, also die Transformation von Natur durch menschliche Arbeit, sowie die Verteilung des Reichtums und der Güter im Mittelpunkt. Produktion und Verteilung sind und waren gesellschaftlich sehr unterschiedlich organisiert. Auch gibt es in der ökonomischen Wissenschaft sehr unterschiedliche Perspektiven darauf, wie einerseits das Funktionieren von Wirtschaft erklärt wird und wie andererseits Wirtschaft organisiert sein soll.
Ein weiteres Ziel dieses Buches ist es, aktuelle Entwicklungen und wichtige Kernfragen der Ökonomie in den Bereichen Wachstum, Verteilung sowie Geld- und Finanzmärkte darzustellen. Diese werden in diesem Band nicht, wie häufig üblich, nur aus einer einzigen Perspektive betrachtet. Vielmehr werden systematisch zentrale – und in der Regel konträre – Zugänge einander gegenübergestellt. Dabei werden die jeweiligen Grundannahmen herausgearbeitet, deren Stärken benannt und Schwächen offengelegt. Außerdem werden die mit den einzelnen Perspektiven verbundenen wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen und Implikationen explizit aufgezeigt. Überdies wird gefragt, warum es diese unterschiedlichen Positionen gibt und in welchem historischen Kontext sie entstehen konnten. Damit soll dem/der mündigen LeserIn die Möglichkeit geboten werden, sich selbst ein differenziertes Bild der Ökonomie zu machen.
Grundsätzlich unterschiedliche Sichtweisen werden als wissenschaftliche Paradigmen bezeichnet. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Perspektiven auf Realität oder auch „Brillen“, die als verschiedene Formen von Abstraktionen begriffen werden können. Sie können sowohl über den Alltagsverstand konstruiert sein als auch wissenschaftliche Zugänge darstellen. Ein Interpretations- und Ordnungsrahmen zur Wahrnehmung und für das Verständnis der ökonomischen Realität ist unerlässlich. Es ist daher umso wichtiger, sich der Perspektivenhaftigkeit des eigenen Blickwinkels auf Ökonomie bewusst zu sein. Nur so kann eine systematische, kritische und reflektierte Auseinandersetzung mit ökonomischen Phänomenen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen erfolgen. Das übersichtliche Aufzeigen unterschiedlicher Sichtweisen bzw. Paradigmen und der damit verbundenen Implikationen ist die Basis für eine eigenständige Auseinandersetzung mit ökonomischen Fragen und stellt daher die zentrale Herangehensweise in diesem Buch dar.
Generell werden im Band drei wichtige Paradigmen bzw. Hauptströmungen ökonomischen Denkens ausgemacht: die Neoklassik, der Keynesianismus und die Politische Ökonomie. Diese unterscheiden sich bezüglich ihres Fokus auf unterschiedliche ökonomische Phänomene bzw. Aspekte sowie in ihrer Herangehensweise. Die einzelnen Paradigmen werden – auch dies ein besonderer Aspekt des vorliegenden Buches – parallel dargestellt, sodass die grundsätzlichen Perspektiven und Herangehensweisen zu einzelnen Themenbereichen direkt vergleichbar werden.
Die konkrete Ausrichtung und Länge der Darstellung der einzelnen Perspektiven variiert zwischen den Kapiteln, da diese bei der „Erklärung der ökonomischen Welt“ unterschiedliche Schwerpunkte setzen, deren Darstellung mal mehr, mal weniger Raum einnimmt. Da die neoklassische Perspektive einen universalistischen Anspruch hat, ist hier im Vergleich zum institutionalistischen und historischen Fokus im keynesianischen und vor allem im politökonomischen Paradigma die Notwendigkeit für detailliertere Ausführungen – beispielsweise zu Unterschieden in „entwickelten“ und „weniger entwickelten“ Ländern – weniger gegeben. Bei den einzelnen Themenfeldern wird die Sicht der Paradigmen auf spezifische Aspekte anschaulich dargestellt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der jeweiligen Gesamtsicht. Auf eine ausgeprägt kontroverse Diskussion innerhalb der Paradigmen wird daher zugunsten der besseren Übersichtlichkeit weitgehend verzichtet. Generell werden die einzelnen Paradigmen aus ihrer eigenen Logik heraus dargestellt, wodurch sich die Zugänge gegenseitig relativieren.
Den Ausgangspunkt der Darstellungen in den jeweiligen Kapiteln bildet das neoklassische Paradigma. Dies nicht nur deshalb, weil es weite Verbreitung findet und daher auch als ökonomischer Mainstream – ja von manchen sogar als „die“ ökonomische Theorie – bezeichnet wird. Sondern auch, weil es in der Neoklassik kaum explizite Bezüge zum Keynesianismus oder zur Politischen Ökonomie gibt und es sich daher als Ausgangspunkt gut eignet. Anders ist der Fall im keynesianischen Paradigma. Dessen wesentliches Element ist ein expliziter und kritischer Bezug zum neoklassischen Paradigma, weshalb der Keynesianismus im Anschluss an die Neoklassik dargestellt wird. Die Politische Ökonomie hingegen stellt das sozialwissenschaftlich breiteste Paradigma in der Ökonomie dar. Allerdings gibt es nur in Ausnahmefällen Querverweise zur Neoklassik, an einigen Stellen bezieht sie sich jedoch auf Elemente des keynesianischen Paradigmas. Daher wird die Politische Ökonomie an dritter Stelle erläutert.
In jedem Kapitel werden neben den theoretischen Zugängen immer auch empirische Bezüge hergestellt und praktische Beispiele angeführt. Das trägt nicht nur dazu bei, das Verständnis für die einzelnen Perspektiven zu vertiefen, sondern vermittelt auch systematisch Wissen über zentrale wirtschaftliche Zusammenhänge und Entwicklungen. Auf diese Weise wird den theoretischen Zugängen „Leben eingehaucht“, und ihre praktischen Implikationen werden dadurch anschaulicher und besser greifbar.
Der Band ist in zwei Hauptteile gegliedert. In einem ersten Teil werden allgemeine theoretische Grundlagen erläutert: Im ersten Kapitel wird dabei aufgezeigt, welche Erklärungen es für die Existenz der unterschiedlichen Paradigmen gibt. In diesem Zusammenhang erfolgt ein sehr knapper historischer Abriss der Entwicklung ökonomischen Denkens und der Herausbildung von unterschiedlichen Paradigmen. Explizit wird dabei auf die unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Fundierungen, auf denen die einzelnen Paradigmen fußen, Bezug genommen. Darauf aufbauend werden auch die Unterschiede in der methodologischen Herangehensweise dargestellt.
Im zweiten Kapitel werden die drei heute zentralen Paradigmen im Überblick dargestellt. Insbesondere wird auf die unterschiedlichen Perspektiven und Annahmen, die Ziele und Herangehensweisen sowie die wirtschaftspolitischen Implikationen eingegangen. Dabei erfolgt weniger eine besonders ausführliche Diskussion der unterschiedlichen Positionen und Facetten innerhalb der Paradigmen. Vielmehr werden diese vereinfacht dargestellt, um den jeweiligen Kern der unterschiedlichen Denkweisen begreifbar zu machen.
Aufbauend darauf werden in einem zweiten Teil zentrale ökonomische Themenfelder jeweils aus der Perspektive der drei Paradigmen Neoklassik, Keynesianismus und Politische Ökonomie gesondert behandelt: Zu Beginn dieses Teils erfolgt im dritten Kapitel zunächst eine systematische Gegenüberstellung der einzelnen Paradigmen im Hinblick auf ihre Aussagen zur Rolle des Staates und der Politik in der bzw. für die Ökonomie. Dies ist zentral, um die grundsätzlich unterschiedlichen Zugangsweisen der einzelnen Paradigmen zur Frage der Bestimmungsgründe für Politik und zur Rolle von Wirtschaftspolitik zu erkennen. Darauf aufbauend werden die folgenden Kapitel, die jeweils spezifische ökonomische Themenbereiche und Fragestellungen in den Mittelpunkt rücken, besser verständlich.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich unter dem Titel Wachstum, Entwicklung und Krise mit einem wichtigen und umfassenden Themenbereich in der Ökonomie, nämlich der Frage nach dem Wohlstand und seiner Veränderung. Dieser wird meist mit der Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen gemessen. Aufbauend auf einer kritischen Analyse dieser Vorstellung steht die Frage nach den Ursachen von Wohlstand, Wachstum, Entwicklung und Krise im Vordergrund. Die Antworten darauf fallen in den einzelnen Paradigmen zum Teil sehr unterschiedlich aus.
Die Frage nach der ungleichen Verteilung des Wohlstands, das heißt von Einkommen und Vermögen, steht im Zentrum des fünften Kapitels. Überdies wird analysiert, welche Verteilungsmuster in den einzelnen Paradigmen als wünschenswert erachtet werden und welche Implikationen bestimmte Verteilungsmuster auf andere ökonomische Phänomene, wie etwa Wachstum, haben.
Im sechsten Kapitel wird schließlich der Rolle des Geldes und der Finanzmärkte in der Ökonomie nachgegangen. Auch hier zeigen sich fundamentale Unterschiede in der Sichtweise der einzelnen Paradigmen auf die Frage, was Geld ist, wie der Finanzsektor organisiert sein soll, was Geldpolitik machen kann, worauf sie ausgerichtet und wie diese ausgestaltet sein soll.
Das abschließende siebte Kapitel beschäftigt sich mit der Geographie der globalen Ökonomie, das heißt, die räumliche Dimension ökonomischer Aktivitäten wird konkret analysiert. Dabei wird sehr stark auf die internationale Ebene eingegangen, die mit anderen räumlichen Ebenen, wie etwa der regionalen oder nationalen, in Verbindung gebracht wird. Die drei Paradigmen liefern sehr unterschiedliche Erklärungen für die Ungleichheiten, die auf globaler, nationaler und lokaler Ebene beobachtet werden können. Daraus ergeben sich divergierende wirtschaftspolitische Implikationen.
Ergänzend werden am Ende jedes Kapitels wichtige aktuelle Themenbereiche gesondert in kurzen prägnanten Texten (Vertiefungen) aufgearbeitet. Dabei werden in der Regel – auf knappen Raum kondensiert – die Perspektiven der unterschiedlichen Paradigmen zu konkreten Phänomenen bzw. wirtschaftspolitischen Fragestellungen einander gegenübergestellt. So werden im direkten Vergleich jeweils deren Potenziale, aber auch deren Beschränkungen sichtbar.