Diese Publikation der Rosa Luxemburg Stiftung erläutert grundlegende Zusammenhänge der Staatsfinanzierung und -verschuldung sowie der Zentralbankpolitik und räumt dabei euch mit Mythen der Mainstream-Ökonomik auf.
Die gewohntsheitsmäßige, fälschliche Gleichsetzung des Staatshaushalts mit einzelwirtschaftlichen Haushalten ist auch die Wurzel einer systematisch verzerrten Wahrnehmung von Staatsschulden: Während Haushalte und Unternehmen tatsächlich nur jenes Geld ausgeben können, das sie zuvor eingenommen oder per Kredit mobilisiert haben, kann der Staat als fiskalischer und monetärer Souverän als Einziger Ausgaben tätigen, ohne zuvor Einnahmen erzielen zu müssen; diese fließen vielmehr ex post in die Staatskassen, sowohl aus Steuern als auch Schulden. Das allein verdeutlicht bereits den Unsinn der Schuldenbremse, geschweige denn eines stets ausgeglichenen Staatshaushalts. Es macht aber auch unmittelbar klar, dass Staatsschulden offensichtlich nicht Dasselbe sind wie einzelwirtschaftliche Kredite.
Abseits aller übrigen, meist diskutierten Punkte wird dabei vor allem außer Acht gelassen, dass Staatsanleihen als nahezu risikolose Kapitalanlage ein Eckpfeiler unserer modernen Finanzarchitektur sind; ihre vollständige Rückzahlung ist daher weder intendiert noch ökonomisch sinnvoll.
Damit wird auch einer der zentralen, oft angeführten Mythen der Staatsverschuldung entzaubert, die zur Verteidigung der Schuldenbremse und generell 'solider Staatsfinanzen' angeführt werden: nämlich dass diese künftige Generationen belastete. Dabei werden geflissentlich gleich mehrere Aspekte außer Acht gelassen: Verbriefte Staatsschulden sind vielfach zugleich auch Vermögenswerte künftiger Generationen (ja, Plural; einige Staaten legen neuerdings wieder 100-jährige Staatsanleihen auf); es ist nie und nirgends sinnvoll, sämtliche Staatsschulden abzubezahlen, sondern lediglich ihr Aufwachsen in ein vernünftiges Verhältnis zur Wirtschaftsleistung zu setzen, so dass in jeder Generation Staatsschulden aufgenommen und zugleich fällig werden; und vor allem, dass eben die künftigen Generationen auf öffentliche Güter wie eine allgemeine Schulbildung, Verkehrsinfrastruktur etc. angewiesen sind, so dass im Falle solcher 'Investitionen' (die Gehälter von Lehr- und Erziehungskräften allerdings werden bereits als "Staatskonsum" verbucht, ein weiterer Fehler) die Verschuldung dem realen Gegenwert einfach nur zeitlich vorgezogen wird. Insbesondere aber wird kommenden Generationen damit nicht einfach der viel zitierte "Schuldenberg" ohne Gegenwert hinterlassen.
Diese Publikation trägt dazu bei, allzu häufig als selbstevident hingestellte Missverständnisse von Staatsschulden auszuräumen und zu deren konstruktivem Gebrauch aufzufordern.