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Quelle: van Treeck, Till, and Janina Urban. Wirtschaft neu denken: Blinde Flecken in der Lehrbuchökonomie. iRights Media, 2016. Das Buch kann hier bestellt werden: http://irights-media.de/publikationen/wirtschaft-neu-denken/.
Rezensiertes Buch:
Felderer, B./Homburg, S. (2005): Makroökonomik und neue Makroökonomik, 9. Auflage. Berlin: Springer, 496 Seiten. Im Folgenden zitiert als FH. (Abb: Springer-Verlag Berlin-Heidelberg)
Einleitung
Das von Bernhard Felderer und Stefan Homburg im Jahr 1984 erstmals vorgelegte Lehrbuch „Makroökonomik und neue Makroökonomik“ ist zuletzt im Jahr 2005 in neunter Auflage erschienen und ist damit sicherlich einer der Bestseller auf dem deutschsprachigen Lehrbuchmarkt. Im Jahr 1987 ist auch eine englische Übersetzung publiziert worden, die es 1992 zu einer zweiten Auflage gebracht hat. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die letzte deutsche Auflage.
Die Autoren nehmen im Vorwort ihres Buchs in Anspruch, eine „doktrinenbezogene Darstellung des Stoffes“ (FH, S. VII) beziehungsweise eine „Methoden- und Doktrinenlehre“ (FH, S. X) zu präsentieren. Sie unterscheiden sich mit diesem Anspruch wohltuend von der Mehrzahl national und international führender Lehrbücher, die die Ökonomik beziehungsweise die Makroökonomik als einheitliche Lehre darstellen, in der es eine linear aufsteigende Erkenntnis über den Gegenstand des Faches gibt und abweichende Positionen bestenfalls in theoriengeschichtlichen Exkursen vorkommen. Andere Ausnahmen von dieser Vorgehensweise findet man zum Beispiel in den Büchern von Froyen (2010) oder Snowdon und Vane (2005).
Insbesondere Snowdon und Vane (2005) wählen eine sorgfältige theoriengeschichtliche Herangehensweise und unterscheiden dabei deutlich zwischen dem Beitrag von John Maynard Keynes einerseits und der Integration vermeintlich Keynes’scher Elemente in die neoklassische Synthese beziehungsweise in einen orthodoxen Keynesianismus andererseits. Zudem ist ihr theoriengeschichtlicher Ansatz am aktuellen Rand nicht auf orthodoxe Theorievarianten wie die Neuklassik, die „Real Business Cycle“-Schule oder den Neukeynesianismus beschränkt, sondern sie behandeln auch die post-keynesianische und die neo-österreichische Schule.1
All das findet sich bei Felderer und Homburg (2005) nicht. Ihr doktrinengeschichtliches Lehrbuch ist auf orthodoxe Ansätze beschränkt – und bleibt auch hier merkwürdig limitiert – und bezieht dabei die Keynes’sche Lehre nur in der Variante des „Bastard-Keynesianismus“ (Robinson 1962) mit ein. Die post-keynesianische Theorie wird nur kurz und knapp auf einer Seite (FH, S. 100–101) als eine von mehreren Weiterentwicklungen des Keynes’schen Werkes skizziert.
Felderer und Homburg (2005) haben ihr Lehrbuch in vier „Bücher“ und einen mathematischen Anhang gegliedert. Im ersten Buch „Grundlagen“ finden sich einige methodische Überlegungen, ein kurzer theoriengeschichtlicher Überblick über die Ökonomik sowie eine knappe Einführung in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Das zweite Buch „Makroökonomik“ stellt die „Klassisch-Neoklassische“ Theorie einerseits und die „Keynesianische“ Theorie andererseits dar, präsentiert die wirtschaftspolitischen Implikationen dieser Theorien im Vergleich und enthält zudem eine Erweiterung beider Ansätze um außenwirtschaftliche Aspekte. Das dritte Buch „Neue Makroökonomik“ befasst sich dann mit „Neuklassischen“, „Neokeynesianischen“ und „Neukeynesianischen“ Theorien. Im sehr nützlichen mathematischen Anhang werden Differentialgleichungen mit einer und mehreren Veränderlichen, lineare Algebra und implizite Funktionen thematisiert. Im Folgenden wird insbesondere auf die Inhalte des zweiten und dritten Buches eingegangen.
„Neoklassische“ und „Keynesianische“ Theorien: Rigiditäten machen den Unterschied!
Im zweiten Buch „Makroökonomik“ stellen Felderer und Homburg der „Klassisch-Neoklassischen“ Theorie die „Keynesianische“ Theorie gegenüber (FH, S. 51–95). Das sogenannte klassisch-neoklassische Modell, das in der Darstellung der Autoren jedoch ein reines neoklassisches Modell ist,2 liefert dabei ein auf dem Arbeitsmarkt bestimmtes Vollbeschäftigungsgleichgewicht. Dabei wird die Gültigkeit des Say’schen Gesetzes über einen neoklassischen Kapitalmarkt hergestellt, auf dem die Vollbeschäftigungsersparnis durch einen flexiblen Realzins in ein Vollbeschäftigungsinvestitionsniveau transformiert wird. Hierfür ist eine mit dem Realzinssatz steigende Ersparnis erforderlich, sowie eine mit dem Zinssatz fallende Kapitalnachfrage zu Investitionszwecken. Dass für erstere die keineswegs garantierte Dominanz des Substitutionseffekts einer Zinssatzänderung über den Einkommenseffekt ohne weitere Diskussion angenommen wird (FH, S. 68), mag ja noch den Vereinfachungszwängen einer Lehrbuchdarstellung geschuldet sein. Gravierender jedoch ist, dass Felderer und Homburg bei der Herleitung einer mit dem Realzinssatz fallenden Investitionsnachfrage aus einer neoklassischen Produktionsfunktion (FH, S. 54–64) die im Rahmen der Kapitalkontroverse formulierte und akzeptiere Kritik an selbiger nicht einmal erwähnen (siehe den Beitrag von Hansjörg Herr in diesem Band). Demnach kann ein solcher Zusammenhang außerhalb der Ein-Gut-Ökonomie, die auch von Felderer/Homburg unterstellt wird, nicht allgemein angenommen werden (vgl. z.B. Harcourt 1969, 1972; Lazzarini 2011; Hein 2014, Kapitel 3.6).3 Denn die für die Aggregation heterogener Güter zu den Größen „Kapital“ und „Output“ erforderlichen relativen Güterpreise werden von der Einkommensverteilung beeinflusst und damit vom Realzinssatz, der ja aus der Grenzproduktivität des Kapitals erst abgeleitet werden soll. Es ist deshalb für eine Mehr-Güter-Ökonomie unzulässig, allgemein von einer mit fallendem Reallohnsatz steigenden Arbeitsnachfrage auszugehen, wie es für den Arbeitsmarkt als Kern des neoklassischen Modells unterstellt wird. In der „Klassisch-Neoklassischen“ Theorie gilt zudem eine strikte Dichotomie von realer und nominaler Sphäre; Geld ist lediglich Wertmaßstab und Zirkulationsmittel, und eine Veränderung der Geldmenge wirkt quantitätstheoretisch nur auf das allgemeine Preisniveau.
Als vermeintlichen „doktrinenbezogenen“ Gegenpol stellen Felderer und Homburg dann ihre Interpretation der „Keynesianischen Theorie“ (FH, S. 97–154) schrittweise dar. Ausgangspunkt bildet das Konzept der effektiven Nachfrage (FH, S. 102–103), das jedoch keine direkte Beziehung zu Keynes‘ (1933, 1936) Vorstellung einer monetären Theorie der Produktion herstellt, in der Geld eine besondere Rolle spielt und sowohl in der kurzen als auch in der langen Frist nicht neutral sein kann. Felderer und Homburg beginnen vielmehr mit einer einkommensabhängigen Konsumfunktion und führen dann eine Investitionsfunktion ein, die vom Zinssatz und von der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals abhängt. Daran schließt sich – etwas unsystematisch – das einfache Einkommen-Ausgaben-Modell mit exogenen Investitionen an, welches die Diskussion des Keynes’schen beziehungsweise Kahn’schen Multiplikators erlaubt.
Im Weiteren folgen die Autoren der von Hicks (1937) vorgelegten Interpretation der Keynes’schen „General Theory“ (1936) und präsentieren das IS/LM-Modell (FH, S. 119–133), indem sie zunächst die LM-Kurve für die möglichen Gleichgewichtswerte von Zinssatz und Einkommen für den Geld- und Wertpapiermarkt bei gegebenem Geldangebot ableiten. Die IS-Kurve wird dann als Kurve möglicher Gleichgewichtswerte von Zinssatz und Einkommen für den Kapitalmarkt und nicht, wie sonst üblich, für den Gütermarkt präsentiert. Eine solche Interpretation steht im Widerspruch zur Keynes’schen Sichtweise auf das gesamtwirtschaftliche Sparen und zur Darstellung in der „General Theory“, in der Sparen zunächst als Nicht-Konsum interpretiert wird (Keynes 1936, S. 61–65), und somit eine Kategorie des Gütermarktes ist. Die gesamtwirtschaftliche Ersparnis kann dann entweder zur zusätzlichen Wertpapiernachfrage verwendet werden und damit ein Angebot auf einem Kapitalmarkt konstituieren, oder liquide gehalten werden und damit eine Nachfrage auf dem Geldmarkt, aber genau kein Angebot auf dem Kapitalmarkt darstellen, wie Keynes (1936, S. 165–174) im Zusammenhang mit seiner monetären Zinstheorie erläutert.
Während das IS/LM-Modell noch erlaubt, das Keynes’sche Prinzip der effektiven Nachfrage – unter der Annahme freier Kapazitäten und konstanter Preise – als Gegenentwurf zum Say’schen Gesetz darzustellen, präsentieren Felderer und Homburg dann mit ihrem „Allgemeinen Keynesianischen Modell“ (FH, S. 133–139) die vollständige Reintegration der Keynes’schen Abweichung in die neoklassische Orthodoxie. Die Kombination von IS/LM-Modell mit dem neoklassischen Arbeitsmarkt, der neoklassischen Produktionsfunktion sowie der Annahme flexibler Preise liefert eine neoklassische Synthese, indem ein sogenannter „Keynes-Effekt“ (FH, S. 138) dafür sorgt, dass sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage durch flexible Preise stets an das gesamtwirtschaftliche Angebot bei Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt anpasst. Dieser vermeintlich Keynes’sche Realkasseneffekt, bei dem eine Veränderung der Realkasse in der Folge einer Preisänderung auf dem Gütermarkt bei gegebener Geldmenge zu einer Veränderung der Wertpapiernachfrage, des Zinssatzes und damit der Investitionen und der effektiven Nachfrage führt, wird zwar von Keynes (1936, Kapitel 19) als einer von vielen möglichen Effekten fallender Nominallöhne und Preise angesprochen. Allerdings stellt er diesem positiven Realkasseneffekt insbesondere den negativ wirkenden Realschuldeneffekt fallender Preise gegenüber und plädiert am Ende für rigide Nominallöhne, um das System zu stabilisieren. Von all dem findet sich leider nichts bei Felderer und Homburg. Ihr „Keynes-Effekt“ sorgt dafür, dass sich auch im „Allgemeinen Keynesianischen Modell“ ein neoklassisches Vollbeschäftigungsgleichgewicht einstellt – und es gelten dann auch wieder die klassische Dichotomie und die Neutralität des Geldes.
In diesem Modell der neoklassischen Synthese werden keynesianische Ergebnisse durch die Einführung von Rigiditäten ermöglicht, die die Wirkung des vermeintlich Keynes’schen Realkasseneffektes in einer Unterbeschäftigungssituation verhindern. Erstens können demnach starre Nominallöhne und damit rigide Preise den „Keynes-Effekt“ gleich am Beginn blockieren (FH, S. 149–152). Und selbst wenn es zu fallenden Nominallöhnen und Preisen und damit zu einem Anstieg des realen Geldangebots kommt, könnte zweitens der Zinssatz nach unten rigide bleiben, wenn die ökonomischen Akteur_innen davon ausgehen, dass er ein unteres Minimum erreicht hat und zukünftig nur steigen kann (FH, S. 144–148). In dieser „Liquiditätsfalle“ wird der durch eine Preissenkung hervorgerufene Anstieg der Realkasse liquide gehalten. Und drittens könnte selbst bei einem Rückgang des Zinssatzes der Anstieg der Investitionen ausbleiben, wenn diese in einer Rezession wegen negativer Erlöserwartungen zinsunelastisch werden und die Ökonomie sich daher in der „Investitionsfalle“ befindet (FH, S. 139–144). In Felderer und Homburgs „Allgemeinem Keynesianischen Modell“ treten Keynes’sche Ergebnisse daher nur bei (kurzfristig geltenden) Rigiditäten auf. Keynes’ „General Theory“ wird damit zu einer Theorie von Spezialfällen im vermeintlich allgemeinen neoklassischen Modell – also zum Bastard-Keynesianimus.
Die Diskussion der geld- und fiskalpolitischen Implikationen (FH, S. 155–187) schließt dann konsequent an diese Interpretation der Keynes’schen Lehre an: Solange keine der obengenannten Rigiditäten vorliegen, passt sich die Modellökonomie immer an das vom neoklassischen Arbeitsmarkt bestimmte Vollbeschäftigungsgleichgewicht an, unabhängig davon, ob man das „Klassisch-Neoklassische“ oder das „Allgemeine Keynesianische“ Modell unterstellt. Geld- und Fiskalpolitik sind nicht notwendig und eher störend; es kommt zu Crowding-out (siehe Beitrag von Fabian Lindner in diesem Band) und/oder einem höheren Preisniveau bei expansiv ausgerichteter Geld- oder Fiskalpolitik. Nur bei Vorliegen einer Investitionsfalle, einer Liquiditätsfalle oder bei rigiden Nominallöhnen ist Fiskalpolitik zur Behebung von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und zur Beschleunigung der Anpassung des Systems an das Vollbeschäftigungsgleichgewicht erforderlich. Die Geldpolitik – als Geldmengenpolitik – bleibt in den ersten beiden Fällen wirkungslos und kann nur bei rigiden Nominallöhnen zu einer Anhebung des Gütermarkt-Gleichgewichts beitragen – muss hierbei aber dann ein steigendes Preisniveau akzeptieren.
Die Unterscheidung von neoklassischer und keynesianischer Theorien anhand des Kriteriums der Lohn-, Zins- und Güterpreisrigiditäten zieht sich auch durch die Darstellung der „Neuen Makroökonomik“ im dritten Buch. Auf der einen Seite finden wir hier die „Neuklassik“ mit der „Real Business Cycle“-Schule als Extremvariante, die neben ultraflexiblen Preisen von rationalen – im Sinne von modellkonsistenten – Erwartungen ausgeht (FH, S. 233–275). Schwankungen in der ökonomischen Aktivität und der Beschäftigung werden daher in der Regel als Gleichgewichtsphänomene aufgefasst. Auf der anderen Seite präsentieren die Autoren die „Neokeynesianische Theorie“, die im Rahmen von allgemeinen Gleichgewichtsmodellen (partiell) fixierte Preise zulässt, wodurch es zum Tausch bei „falschen Preisen“ und zu Rationierungsgleichgewichten mit unvollständiger Markträumung kommen kann (FH, S. 277–355). Zudem werden abschließend in einem kurzen Kapitel „Neukeynesianische“ Mikrofundierungen für Lohn-, Zins- und Güterpreisstarrheiten präsentiert (FH, S. 337-363), ohne jedoch das auf neukeynesianischen Grundlagen stehende „Neue Konsens“-Modell zu präsentieren.4 Dieses, im einfachsten Fall auf drei Gleichungen reduzierbare Modell mit einer zinsabhängigen IS-Gleichung für das Gütermarktgleichgewicht, einer neukeynesianischen Phillipskurven-Gleichung mit der NAIRU (Non-Accelerating Inflation Rate of Unemployment) als langfristiger Gleichgewichtsarbeitslosigkeit sowie einer Zinsreaktionsfunktion der Zentralbank, zum Beispiel einer Taylor-Regel, hat die Wirtschaftspolitik in vielen Ländern seit dem Ende der 1990er Jahre dominiert. Es findet sich auch in einer Reihe von in etwa zeitgleich mit Felderer und Homburg (2005) erschienenen Lehrbüchern, wie zum Beispiel Carlin und Soskice (2006) oder Snowdon und Vane (2005).
Fazit
Insgesamt liefern Felderer und Homburg (2005) also eine nur sehr eingeschränkte „doktrinenbezogene Darstellung des Stoffes“. Die Keynes’sche Lehre kommt nur im Gewand des Bastard-Keynesianismus daher, das heißt als eine durch Rigiditäten verursachte Sammlung von Spezialfällen des allgemeinen neoklassischen oder neuklassischen Modells. Dieser hat mit der Keynes’schen Lehre und ihrer konsequenten Weiterentwicklung im Post-Keynesianismus wenig zu tun. Im Mittelpunkt stehen hier das Konzept der monetären Produktionsökonomie, in der Geld, unabhängig von der Marktform, in der kurzen und der langen Frist nicht neutral ist, die Gültigkeit des Prinzips der effektiven Nachfrage in der kurzen und der langen Frist, die Dominanz von fundamentaler Unsicherheit, die Überzeugung, dass ökonomische Prozesse in historischer Zeit stattfinden und damit pfadabhängig sind, sowie die Bedeutung von Verteilungsauseinandersetzungen für die gesamtwirtschaftlichen Resultate. Weiterhin kommt bei Felderer und Homburg die moderne orthodoxe Makroökonomik – das „Neue Konsens“-Modell gar nicht vor. Selbst wenn man also dieses Lehrbuch wegen der konzisen Darstellung der verschiedenen Varianten der prä-modernen Orthodoxie weiterhin für die Literaturliste einer Lehrveranstaltung zur Makroökonomik für unverzichtbar halten sollte – ich bin mittlerweile nicht mehr dieser Auffassung –, so muss diese doch unbedingt ergänzt werden durch Darstellungen des Neuen Konsenses in der Makroökonomik (z.B. Bofinger 2011; Carlin/Soskice 2006, 2015; Snowdon/Vane 2005) sowie durch Einführungen in die post-keynesianische Theorie (z.B. Heine/Herr 2013; King 2015; Lavoie 2006, 2014; Hein/Stockhammer 2011), um eine wirkliche und umfassende „doktrinenbezogene Darstellung des Stoffes“ zu gewährleisten.
Literatur
Bofinger, P. (2011): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 3. Auflage, London: Pearson.
Carlin, W./Soskice, D. (2006): Macroeconomics: Imperfections, Institutions & Policies, Oxford: Oxford University Press.
Carlin, W./Soskice, D. (2015): Macroeconomics: Institutions, Instability, and the Financial System, Oxford: Oxford University Press.
Clarida, R./Gali, J./Gertler, M. (1999): The science of monetary policy: a New Keynesian perspective. In: Journal of Economic Literature 37, S. 1661–1707.
Felderer, B./Homburg, S. (1992): Macroeconomics and New Macroeconomics, 2. Auflage, Berlin: Springer.
Felipe, J./McCombie, J. (2013): The Aggregate Production Function and the Measurement of Technical Change: ‘Not Even Wrong’, Cheltenham: Edward Elgar.
Froyen, R.T. (2010): Macroeconomics: Theories and Policies, 9. Auflage, Upper Saddle River: Prentice Hall.
Garegnani, P. (1978): Notes on consumption, investment and effective demand, part I. In: Cambridge Journal of Economics 2, S. 335–353.
Garegnani, P. (1979): Notes on consumption, investment and effective demand, part II. In: Cambridge Journal of Economics 3, S. 63–82.
Goodfriend, M./King, R.G. (1997): The New Neoclassical Synthesis and the role of monetary policy. In: Bernanke, B.S./Rotemberg, J.J. (Hrsg.): NBER Macroeconomics Annual 1997, Cambridge: MIT Press.
Harcourt G.C. (1969): Some Cambridge Controversies in the Theory of Capital. In: Journal of Economic Literature 7, S. 369–405.
Harcourt G.C. (1972): Some Cambridge Controversies in the Theory of Capital, Cambridge: Cambridge University Press.
Hein, E. (2014): Distribution and Growth after Keynes: A Post-Keynesian Guide, Cheltenham: Edward Elgar.
Hein, E./Stockhammer, E. (Hrsg.) (2011): A Modern Guide to Keynesian Macroeconomics and Economic Policies, Cheltenham: Edward Elgar.
Heine, M./Herr, H. (2013): Volkswirtschaftslehre, 4. Auflage, München: Oldenbourg.
Hicks, J.R. (1937): Mr. Keynes and the “Classics”: a suggested interpretation. In: Econometrica 5, S. 147–159.
Keynes, J.M. (1933): A monetary theory of production. In: The Collected Writings of J.M. Keynes, Vol. XIII, London: Macmillan, 1987.
Keynes, J.M. (1936): The General Theory of Employment, Interest and Money. In: The Collected Writings of J.M. Keynes, Vol. VII. London: Macmillan, 1973.
King, J.E. (2015): Advanced Introduction to Post Keynesian Economics, Cheltenham: Edward Elgar.
Lavoie, M. (2006): Introduction to Post-Keynesian Economics, Basingstoke: Palgrave Macmillan.
Lavoie, M. (2014): Post-Keynesian Economics: New Foundations, Cheltenham: Edward Elgar.
Lazzarini, A. (2011): Revisiting the Cambridge Capital Controversies: A Historical and Analytical Study, Pavia: Pavia University Press.
Robinson, J. (1962): Review of H.G. Johnson, Money, Trade and Economic Growth, London: Allen and Unwin. In: Economic Journal 72, S. 690–692.
Snowdon, B./Vane, H. (2005): Modern Macroeconomics: Its Origins, Development and Current State, Cheltenham: Edward Elgar.
1Die entsprechenden Kapitel in dem Buch von Snowdon und Vane (2005) wurden hierbei von Vertretern dieser Schulen verfasst, Paul Davidson und Roger W. Garrison.
2Klassische und neoklassische Modelle folgen dem Say’schen Gesetz, jedoch ist dieses in klassischen Modellen nicht mit Vollbeschäftigung verbunden. Zudem findet sich in den klassischen Modellen kein Kapitalmarkt, der die Ersparnis der Haushalte über einen flexiblen Realzins in die Investitionen der Unternehmen transformiert. Vgl. hierzu insbesondere Garegnani (1978, 1979).
3Auch die Tatsache, dass mit der empirischen Schätzung von neoklassischen Produktionsfunktionen – und damit auch der weitverbreiteten Cobb-Douglas-Funktion – Probleme verbunden sein können, erfährt der/die Leser_in nur am Rande (FH, S. 58), ohne dass hierauf näher eingegangen wird. Zu den Problemen der empirischen Schätzung einer aggregierten Produktionsfunktion, die letztlich auf die Schätzung einer Identität aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hinausläuft, vgl. insbesondere Felipe und McCombie (2013). Eine kurze Zusammenfassung findet sich in Hein (2014, Kapitel 3.6).
4Auch die für das „Neue Konsens“-Modell wichtigen Aufsätze von Goodfriend und King (1997) und Clarida, Gali und Gertler (1999) sucht man im Literaturverzeichnis von Felderer und Homburg vergeblich.
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