Wir brauchen eine kritische Wirtschaftswissenschaft - mehr denn je! Mit Exploring Economics stärken wir alternative ökonomische Ansätze und setzen der Mainstream-VWL ein kritisches und plurales Verständnis von ökonomischer Bildung entgegen. Außerdem liefern wir Hintergrundanalysen zu akuellen ökonomischen Debatten, um einen kritischen Wirtschaftsdiskurs zu stärken.
Doch leider geht uns das Geld aus, um unsere Arbeit fortzusetzen.
Mit einem kleinen Beitrag kannst Du Exploring Economics unterstützen, online zu bleiben. Danke!
Wir sind ein eingetragener, gemeinnütziger Verein | Netzwerk Plurale Ökonomik e.V. | IBAN: DE91 4306 0967 6037 9737 00 | SWIFT-BIC: GENODEM1GLS | Impressum
Mainstreamökonom*innen orientieren sich in ihrem Selbstverständnis an den Naturwissenschaften und insbesondere an der Physik (Mirowski 1991). Deutlich wird dies unter anderem beim verwendeten Vokabular: In Anlehnung an die Thermodynamik wird in der Wohlfahrtsökonomie vom ersten und zweiten Hauptsatz gesprochen. Gleiches gilt für die Verwendung des Wortes Gesetz (z.B. Say’s Law), welches implizit auf die newtonsche Mechanik anspielt. Nelson (2004: 3) spitzt dies sogar noch weiter zu und meint, dass für einige Ökonom*innen die Trennung zwischen Mathematik und Volkswirtschaftslehre aufgehoben wird: „The more an economic issue […] can be wrung out and dried, stripped of real-world content and context, drained of emotive salience and addressed without apparent purposive intent, the more “scientific” and high-status one’s research appears.” Die hier zugrundeliegende Hoffnung scheint es zu sein, ein mechanisches Ursache-Wirkungs-Wissen zu erhalten. Die Physik hat sich bereits weiterentwickelt und die newtonsche Vorstellung von Naturwissenschaft hinter sich gelassen. Der Mainstream der VWL scheint dieses Ideal hingegen noch anzustreben und verkennt meist ihren Ursprung als Sozialwissenschaft.
Neben dieser Auffassung, die vor allem bei theoretisch arbeitenden Ökonom*innen dominiert, ist jedoch auf die zahlreich empirisch arbeitenden Ökonom*innen hinzuweisen. Die Abgrenzung zu anderen Sozialwissenschaften erfolgt dabei nicht über deduktiv-mathematische Modelle, sondern vielmehr über fortgeschrittene ökonometrische Methoden, die nur langsam Eingang in andere Sozialwissenschaften finden. Ein Beispiel hierfür sind Randomized Controlled Trials, die vermehrt Verwendung in der Entwicklungs- und Verhaltensökonomik finden, und sich eindeutig an naturwissenschaftlichen Experimentalmethoden orientieren.
Doch das naturwissenschaftliche Ideal - so die Befürworter*innen - ermöglicht es der VWL, sich erfolgreich von anderen Sozialwissenschaften abzugrenzen und ferner eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten. Denn Sozialwissenschaften erzeugen, gerade weil sie sich mit Menschen beschäftigen, nur selten Wissen über eindeutige kausale Zusammenhänge im Schema Ursache-Wirkung. Vielmehr werden durch die Verwendung von unterschiedlichen Theorien unterschiedliche Perspektiven auf ein und denselben Untersuchungsgegenstand geworfen, deren Ergebnis ein umfassendes Verständnis ist. Dieses drückt sich dann allerdings eher in Interdependenzen als in kausalen Zusammenhängen aus. Solch eine Form des Wissens verlangt ein selbstkritisch reflektiertes Vorgehen, wie es auch in anderen Sozialwissenschaften üblich ist.
Die Stickeraktion wurde von der Gruppe Was ist Ökonomie? initiiert und für das Netzwerk Plurale Ökonomik erstellt. Vielen Dank für die finanzielle Unterstützung des Projekts an das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung.
1. Wann kommt die nächste Krise, Herr Professor*?
2. Grenzenloses Kapital? Grenzenlose Arbeit? Grenzenlose Freiheit?
3. Markt United vs. FC Staat: Wer gewinnt?
5. Ein Ökonom kommt in eine Krise: Was tut er?
6. Mit neuem Nationalismus aus der Wirtschaftskrise?
7. Mit Green Growth die Welt retten?
9. Hat Griechenland Schuld(en)?
10. Wie viele Theorieschulen gibt es eigentlich in der VWL?
11. Werde ich durch das VWL Studium egoistischer?
12. Ist der repräsentative Agent männlich oder weiblich?
13. Was ist mit ökonomischen Inhalten, die nicht in Matheformeln passen?
14. Wieso sehen meine VWL-Professor*innen auch dort Gleichgewichte, wo keine sind?
15. Hat Geld wirklich keinen Einfluss auf die reale Wirtschaft?
16. Wieso nimmt mein VWL-Professor andere Sozialwissenschaften nicht ernst?
17. Wie funktionieren eigentlich andere Wirtschaftssysteme?
18. Warum sind meine VWL-Professoren fast nur männlich?
19. Wieso kennen meine VWL-Modelle keine Geschichte?
20. Studiere ich VWL oder Neoklassik?
Hausman, Daniel (1992): The Inexact and Separate Science of Economics. Cambridge University Press. Kurze Zusammenfassung
Drechsler, Wolfgang (2000): On the possibility of quantitative-mathematical social science, chiefly economics: Some preliminary considerations. Journal of Economic Studies 27(4/5): 246 – 259.
Mirowski, Philip (1991): More Heat Than Light. Cambridge University Press.
Hamermesh, Daniel (2013): Six Decades of Top Economics Publishing: Who and How. Journal of Economic Literature 51(1): 162-172.